Familienpolitik und Verwaltungsstrukturen
Verwaltungsstrukturen und Familienpolitik – Die Situation in den Kommunen Nordrhein-Westfalens
- Vorgaben und Lösungen für die kommunale Ebene
- Die Bedeutung verwaltungsstruktureller Vorgaben
- Der Begriff „Familie“ in der Kommunalverwaltung
- Strukturelle Voraussetzungen für Kooperation
- Veränderungen in den letzten Jahren
- Bündelung von Zuständigkeiten und Kooperation
- Fazit
Aufgrund der Aufgabenvielfalt für Familien sind in einer Kommune viele Stellen mit Vorgängen befasst, die Familien betreffen. Offensichtlich ist dies bei Themen wie Kinder und Jugend, und auch Bildung ist eng mit familialen Leistungen verbunden. Ähnlich verhält es sich mit den Bereichen Schule, Freizeit oder Kultur.
Familien sind aber auch von Entscheidungen und Leistungen in Verwaltungsstellen betroffen, deren Nähe zur Familienpolitik weit weniger offensichtlich ist: Der Fahrplan des öffentlichen Personennahverkehrs macht möglicherweise zusätzliche Fahrdienste für die Kinder notwendig oder erschwert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf; die kommunale Abgabenordnung greift in das Familienbudget ein. Damit sind zum Beispiel auch Verkehrsamt, Ordnungsamt oder Hauptamt „familienrelevant“. Je nach dem Zuschnitt der Kommunalverwaltung sind mindestens 10, häufig aber auch bis zu 20 Verwaltungseinheiten in der einen oder anderen Weise involviert. Familienpolitik ist insofern ein typisches Querschnittsthema.
Querschnittsthemen stellen besondere Anforderungen an die Verwaltung. So geht es zum einen darum, Kommunikation und Kooperation zwischen den verschiedenen Verwaltungsbereichen herzustellen und zu sichern. Zum anderen ist es im Sinne der Zielgruppe sinnvoll, eine Bündelung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten vorzunehmen und auch eindeutige Zuständigkeiten zu signalisieren, damit für Familien der Weg in die Verwaltung und die Suche nach Unterstützung leichter wird.
Im Rahmen des seit den 90er Jahren verbreiteten „Neuen Steuerungsmodells“, das eine Abkehr von veralteten bürokratischen Strukturen verfolgte, sollten auch Lösun-gen für die Herausforderungen, die sich für Querschnittthemen stellen, gefunden werden. Viele Kommunen haben inzwischen eine stärkere Zusammenfassung von inhaltlich nahen Ämtern zu Fachbereichen vorgenommen. Wichtige Grundlage hierfür ist eine Orientierung an „Produkten“. Der Produktplan der KGSt aus dem Jahr 1997 sieht zwar 41 (bereits zusammen gefasste) „Produktgruppen“, aber nur noch fünf sogenannte „Produktbereiche“ vor. An die Stelle der stark ausdifferenzierten und spezialisierten Ämter sind dann häufig so genannte Fachbereiche getreten, die eine Mehrzahl von ähnlichen Produktgruppen zusammen fassen, um einerseits den Bürgern bzw. Kunden umfassendere und ganzheitliche Dienstleistungsangebote machen zu können und andererseits insgesamt eine schlankere und effizientere Organisation zu gewährleisten (Hopp / Göbel 2008: 7f).
Auch wenn die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement den Kommunen also Vorlagen zur Gliederung ihrer Verwaltung und ausformulierte Kon-zepte zur Verwaltungsmodernisierung zur Verfügung stellt: Den inneren Aufbau der Verwaltung, also den Organisationsplan und damit auch die formale Zuständigkeit für das Thema „Familie“ bestimmt jede Verwaltungsleitung selbst (Bogumil / Holtkamp 2006: 68f). Verpflichtend ist lediglich die Einrichtung eines Jugendamtes – außer in den Fällen, in denen ein Kreisjugendamt zuständig ist. Mit welchen fachlichen Aufgabenbereichen das Jugendamt allerdings kombiniert wird, bleibt ebenfalls den Kommunen überlassen.
Die Verwaltungsforschung kennt verschiedene Möglichkeiten einer ressortübergrei-fenden Koordination, die ein Querschnittthema wie „Familie“ im Gesamtgebilde einer Verwaltung jeweils anders verankern. Das Thema erhält dementsprechend einen unterschiedlichen Stellenwert. So wäre ein eigenes Amt für kommunale Familienpolitik ein starkes Signal für die Bedeutung des Themas in der Kommune, aber auch eine eigene Stabsstelle für Familienpolitik, die außerhalb der Verwaltungshierarchie angesiedelt ist, kann das Thema stärken. Denkbar ist auch die Federführung eines Amtes für Aufgaben der Familienpolitik oder eine Projektorganisation. Kooperation und Koordination zwischen den mit Familienthemen befassten Verwaltungsstellen kann schließlich auch durch Koordinationsgremien oder Arbeitsgruppen gefördert werden (Bogumil 2008).
Wenn Bürgerinnen und Bürger ein Anliegen haben, suchen sie unter anderem den Weg in die Bezirks-, Gemeinde- oder Stadtverwaltung. Hier müssen sie sich – zu-meist mit kompetenter Unterstützung durch Bürgerservice oder Empfang – orientie-ren und die für ihr Anliegen zuständigen Mitarbeitenden der Kommunalverwaltung finden – sowohl fachlich als auch räumlich. Zuständigkeit nach innen und außen wird bereits durch die Abteilungs- oder Referats- bzw. Stellenbezeichnung deutlich. Hier stellt sich also die Frage, ob die Bezeichnung „Familie“ im Organisationsplan der Kommune auftaucht.
Auch die Zusammenfassung von Aufgaben bzw. Organisationseinheiten zu Fachbereichen oder Produktgruppen schafft Vorgaben für die konkrete Arbeit. Gemeinsame Zuständigkeit für mehrere Arbeitsgebiete ermöglicht zumindest auf der Leitungsebene eher eine fachbezogene und stärker integrierende Sicht, die eine Querschnittsorientierung und Kooperation dieser Einheiten begünstigt. Damit sind wichtige strukturelle Voraussetzungen für die Behandlung des Querschnittsthemas „Familie“ gegeben. Wichtig ist, mit welchen weiteren Arbeitsgebieten die für Familie zuständige Verwaltungseinheit befasst ist.
Die Verbreitung des neuen Steuerungsmodells hat in vielen Kommunen zu weitrei-chenden strukturellen Änderungen geführt. Grundsätzlich wurde die Arbeit an Querschnittsthemen eher gefördert, da vielerorts die stark segmentierte Aufteilung zugunsten umfassenderer Fachbereiche aufgegeben wurde. Die für Familienpolitik wichtige Frage ist, ob auch ihre Verortung und ihr Stellenwert von solchen Reformen berührt waren und um welche Art von Umstrukturierung es sich gehan-delt hat.
Im Rahmen eines kommunalen Managements für Familie ist darüber hinaus im Zu-sammenhang mit einer koordinierten Planung und Steuerung und im Interesse einer besseren Zugänglichkeit für die Familien eine Bündelung der Zuständigkeiten bedeutsam. Gleichzeitig ist jedoch davon auszugehen, dass längst nicht alle tatsächlich für Familien relevanten Aufgaben und mit Familie befassten Stellen organisatorisch zusammen geführt werden können. Es verbleibt daher – neben der Aufgabe der Bündelung – die Aufgabe der Vernetzung und Kooperation sowohl innerhalb der Verwaltung als auch mit familienpolitischen Akteuren, die nicht zur Verwaltung der Kommune gehören. Frage ist, in welchem Umfang solche Strukturen in den Kommunen mittlerweile vorhanden sind.
Die Studie „Kommunalverwaltung und Familienpolitik in NRW“ des Zentrums für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) aus dem Jahr 2010 bietet einen Über-blick darüber, in welchem Umfang solche Strukturen vorhanden sind (vgl. hierzu ausführlich Wunderlich 2010). Sie basiert auf einer schriftlichen Befragung, an der sich nahezu jede zweite Kommune in Nordrhein-Westfalen beteiligt hat. Ihre Ergebnisse sind repräsentativ.
Wie nicht anders zu erwarten war, wurden von den 202 Kommunen, die sich beteiligt haben, sehr viele unterschiedliche Bezeichnungen für die jeweils zuständige Verwaltungseinheit genannt. Eine große Vielfalt wurde sowohl in der Zusammenstellung oder Reihenfolge der verwendeten Begriffe als auch bei den einbezogenen Bereichen selbst deutlich. So gab es bei den für Familienpolitik zuständigen untergeordneten Verwaltungseinheiten insgesamt 142 verschiedene Bezeichnungen, bei den übergeordneten Verwaltungseinheiten waren es sogar 180 unterschiedliche Bezeichnungen und Begriffskombinationen.
Ungefähr ein Viertel aller Kommunen ab 20.000 Einwohnern in Nordrhein- Westfalen drückt in Bezug auf die übergeordnete Verwaltungsebene die Zuständigkeit für Familie auch begrifflich aus (Abbildung 1). Bei den kleineren kreisangehörigen Städten und Gemeinden ist dies bislang noch kaum der Fall. Geringere, aber durchaus noch feststellbare Differenzen zeigen sich bei den untergeordneten Verwaltungseinheiten. Eine deutliche Abstufung gibt es jedoch auch hier: je größer die Kommune, desto eher wird auch in der Ver-waltungsgliederung das Thema kommunale Familienpolitik ausgewiesen.
Soweit die folgenden Auswertungen nach der Einwohnerzahl differenzieren, blieben die Kreise außer Betracht.
Abb. 1: Verwendung des Begriffs "Familie" in Verwaltung und Ausschüssen nach Einwohnerzahl der Kommune

Bei 29% der Kommunen taucht der Begriff „Familie“ entweder in der Bezeichnung der übergeordneten oder der untergeordneten Verwaltungseinheit auf. Nur 11% verwenden ihn bei der Bezeichnung beider Ebenen (Wunderlich 2010: 30). Insgesamt kann festgehalten werden, dass Familienpolitik nach wie vor eher ein „verstecktes Thema“ der Kommunalverwaltung ist. Dies kontrastiert stark mit einer gleichzeitig feststellbaren großen Bedeutung für die Kommunalverwaltung (ebd.: 16).
In der Kommunalpolitik bzw. in den hierfür wichtigen fachlichen Zuschnitten der Ausschüsse zeigt sich ein etwas anderes Bild: Vor allem in den kleineren Kommunen mit einer Einwohnerzahl bis 50.000 Einwohnern signalisiert die Kommunalpolitik Zuständigkeit für Anliegen der Familien und verwendet (unter anderen) den Begriff „Familie“ in der Ausschussbezeichnung. In den größeren Städten ist dies kaum der Fall.
Mit Blick auf die untergeordnete Verwaltungseinheit zeigt sich ein vergleichbares Bild. Auch hier sind die Fachbegriffe Jugend und Soziales am häufigsten vertreten. Insgesamt ist die Themenvielfalt auf der untergeordneten Ebene aufgrund der dort praktizierten stärkeren Spezialisierung der Verwaltungseinheiten jedoch deutlich geringer.
Ohne Berücksichtigung von Dezernats-, Fachbereichs-, Ämter- oder Gebietszu-schnitten wurde auch danach gefragt, ob und in welchem Maße eine Kooperation zwischen der für Familie zuständigen untergeordneten Stelle und bestimmten, für eine Kooperation besonders wichtigen Verwaltungseinheiten faktisch stattfindet. Unterschieden wurde bei den Antwortvorgaben nach einer „dauerhaften, verbindlichen Zusammenarbeit“ und einer „projektbezogenen Zusammenarbeit“. Die folgende Aufstellung knüpft teilweise an den über Verwaltungsstrukturen vorgegebenen Bündelungen an, lässt jedoch auch davon unabhängig deutliche Schwerpunkte im Alltagsgeschäft erkennen.
Abb. 2: Tatsächliche Kooperation mit anderen Verwaltungsstellen

Besonders stark ausgeprägt ist die Kooperation mit den für Schulfragen zu-ständigen Verwaltungsstellen. Zu vermuten ist, dass vor allem aufgrund des fortschreitenden Ausbaus des Ganztagsbetriebs und der offenen Ganztagsschule fortgesetzte Kooperationserfordernisse gegeben sind. Eine Zusammenarbeit mit den Stellen für Soziales und Jugend ist offensichtlich im Alltagsgeschäft der familienpolitischen Akteure die Regel. Aber auch die Koopera-tion mit der Gleichstellungsstelle und mit den für Stadtplanung und Bauen zuständigen Stellen wird in jeder zweiten Kommune in Nordrhein-Westfalen dauerhaft und verbindlich oder projektbezogen praktiziert. Mit den für Gesundheit und Statistik zuständigen Stellen wird ebenfalls recht häufig kooperiert – allerdings eher projektbezogen und punktuell.Eine dauerhafte und verbindliche Kooperation mit der Wirtschaftsförderung ist in jeder dritten Kommune gegeben. Dies kann als Hinweis darauf gesehen werden, dass die Bedeutung von Familienpolitik als Standortfaktor in vielen Städten und Gemeinden Nordrhein-Westfalens gesehen wird und sich dort bereits entsprechende Kooperationsstrukturen entwickelt haben.
Auch hier zeugt die Sichtung der Antworten vor allem für die kommunale Vielfalt: Letztlich hat jede Kommune einen eigenen, auf ihre besondere Situation zugeschnittenen Weg gesucht, so dass man nicht davon ausgehen kann, dass die Reform von Verwaltungsstrukturen und die Zuständigkeit für Familienpolitik ein einheitliches Bild ergeben. Allerdings fallen gewisse Tendenzen auf.
Insgesamt haben Umstrukturierungen, die die Zuständigkeit für Familienpolitik betreffen, im Verlaufe der letzten 10 Jahre in mehr als einem Drittel aller Kommunen stattgefunden. Ein eindeutiger Schwerpunkt liegt – entsprechend den Empfehlungen des neuen Steuerungsmodells – auf der Zusammenlegung und Bündelung von Zuständigkeiten für Familie (in ungefähr jeder dritten Kommune mit Reformmaßnahmen im Bereich der Familienpolitik). Weitere Schwerpunkte betreffen eine Aufwertung des Bereichs durch Personal- und Stellenaufstockun-gen, die Einrichtung einer eigenen Verwaltungseinheit, die Einrichtung von Arbeitskreisen und Projektgruppen oder eine neue und zumeist eindeutigere Zuordnung des Bereichs „Familie“ innerhalb der Verwaltung.
Daneben ist die Vernetzung und Kooperation sowohl innerhalb der Verwaltung als auch mit Akteuren außerhalb der Verwaltung ein wichtiger Schritt hin zu mehr Querschnittsorientierung beim Thema Familie. Dies wird durch unterschiedliche Kooperationsformen innerhalb der Verwaltung möglich und außerdem durch die Arbeit der „lokalen Bündnisse für Familie“ voran gebracht. Solche Strukturen sind wie folgt vorhanden:
In fast der Hälfte der nordrhein-westfälischen Kommunen gibt es Familienbe-auftragte und auch auf die Frage nach einer Bündelung familienpolitischer Zuständigkeiten haben über 48% der Befragten mit „ist vorhanden“ geantwortet. Eine zentrale Anlaufstelle und andere neue Kooperationsformen gibt es dagegen erst in 25% bzw. 28% der Kommunen. Aufgrund der unterschiedlichen Verwaltungsgrößen sind die Vernetzungsnotwendigkeiten und auch die Möglichkeiten zur Einrichtung spezialisierter Verwaltungsstellen in größeren und kleineren Kommunen sehr unterschiedlich. Eine differenzierte Sicht auf die Verteilungen ist daher erforderlich.
Abb. 3: Querschnittsorientierte Strukturen nach Einwohnerzahl
Die Abbildung zeigt: Vernetzende Strukturen sind vor allem in den größeren Kommunen vorhanden, während das Bild bei den Strukturen, die Verantwortlichkeiten in speziellen Stellen und Aufgabenbereichen zusammenführen, keineswegs einheitlich ist. Zwar sind die größeren Städte bei der Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle deutlich im Vorteil, bei allen anderen bündelnden Strukturen gibt es jedoch nur geringe bzw. unsystematische Unterschiede nach der Einwohnerzahl. Hier scheint die Größe einer Verwaltung also zumindest bei den strukturellen Grundlagen für Querschnittsorientierung keine große Rolle zu spielen.
Mit Blick auf die organisatorischen Strukturen ergeben sich vor allem starke Bezüge zu den Themen Jugend, Soziales, Bildung, Schule, Sport und Kultur. Mit diesen Stellen werden im Arbeitsalltag auch besonders häufig „dauerhafte und verbindliche“ Kooperationen praktiziert. Daneben gibt es in vielen Kommunen aber auch mit ganz anderen Bereichen dauerhafte oder projektbezogene Kooperation.
Die Bündelung von Zuständigkeiten und Vernetzung ist ebenfalls in vielen Kommunen bereits strukturell verankert. Hier sieht es so aus, dass kleinere Kommunen eher auf Aufgabenbündelung setzen, während lokale Bündnisse und neue Kooperationsstrukturen eher in größeren Städten eingerichtet werden.
Literatur:
Bogumil, Jörg (2008): Strategische Ausrichtung der Kommunalverwaltung. http://www.familie-in-nrw.de/verwaltungsstruktur.html (letzter Zugriff: 03.03.2011)
Bogumil, Jörg / Holtkamp, Lars (2006): Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung. Eine policyorientierte Einführung. Wiesbaden (VS)
Hopp, Helmut / Göbel, Astrid (2008): Die öffentliche Verwaltung als Gegenstand mo-dernen Managements: Funktionen, Strukturen und Probleme. In: Dies., Management in der öffentlichen Verwaltung: Organisations- und Personalarbeit in modernen Kommunalverwaltungen Stuttgart (Schäffer Pöschel) 3. Auflage
Schultz, Annett / Strohmeier, Klaus Peter / Wunderlich, Holger (2009): Örtliche Fami-lienpolitik – warum und wie? In: der moderne staat – Zeitschrift für Public Policy, Recht und Management, Heft 1/2009, S. 185-206
Wunderlich, Holger (2010): Kommunalverwaltung und Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen. Auswertungsbericht. ZEFIR (Eigenverlag)
Autorin:
Angelika Engelbert
Leiterin des Informations- und Qualifizierungszentrums für Kommunen (IQZ) am Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) der Ruhr-Universität Bochum.
Erstellungsdatum: 19.04.2011
Familien sind aber auch von Entscheidungen und Leistungen in Verwaltungsstellen betroffen, deren Nähe zur Familienpolitik weit weniger offensichtlich ist: Der Fahrplan des öffentlichen Personennahverkehrs macht möglicherweise zusätzliche Fahrdienste für die Kinder notwendig oder erschwert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf; die kommunale Abgabenordnung greift in das Familienbudget ein. Damit sind zum Beispiel auch Verkehrsamt, Ordnungsamt oder Hauptamt „familienrelevant“. Je nach dem Zuschnitt der Kommunalverwaltung sind mindestens 10, häufig aber auch bis zu 20 Verwaltungseinheiten in der einen oder anderen Weise involviert. Familienpolitik ist insofern ein typisches Querschnittsthema.
Querschnittsthemen stellen besondere Anforderungen an die Verwaltung. So geht es zum einen darum, Kommunikation und Kooperation zwischen den verschiedenen Verwaltungsbereichen herzustellen und zu sichern. Zum anderen ist es im Sinne der Zielgruppe sinnvoll, eine Bündelung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten vorzunehmen und auch eindeutige Zuständigkeiten zu signalisieren, damit für Familien der Weg in die Verwaltung und die Suche nach Unterstützung leichter wird.
Vorgaben und Lösungen für die kommunale Ebene
Abhängig von der Einwohnerzahl gibt es in den Kommunen unterschiedliche Organisationsstrukturen in der Verwaltung. Kleine Verwaltungen haben häufig einen zweistufigen Verwaltungsaufbau, bestehend aus der Verwaltungsleitung und der Ämterebene. In größeren Kommunalverwaltungen gibt es zwischen Verwaltungsleitung und Ämterebene oft noch die Ebene der Dezernate. Die ein-zelnen Ämter können je nach Größe intern nochmals in Abteilungen und Sachge-biete unterteilt sein.Im Rahmen des seit den 90er Jahren verbreiteten „Neuen Steuerungsmodells“, das eine Abkehr von veralteten bürokratischen Strukturen verfolgte, sollten auch Lösun-gen für die Herausforderungen, die sich für Querschnittthemen stellen, gefunden werden. Viele Kommunen haben inzwischen eine stärkere Zusammenfassung von inhaltlich nahen Ämtern zu Fachbereichen vorgenommen. Wichtige Grundlage hierfür ist eine Orientierung an „Produkten“. Der Produktplan der KGSt aus dem Jahr 1997 sieht zwar 41 (bereits zusammen gefasste) „Produktgruppen“, aber nur noch fünf sogenannte „Produktbereiche“ vor. An die Stelle der stark ausdifferenzierten und spezialisierten Ämter sind dann häufig so genannte Fachbereiche getreten, die eine Mehrzahl von ähnlichen Produktgruppen zusammen fassen, um einerseits den Bürgern bzw. Kunden umfassendere und ganzheitliche Dienstleistungsangebote machen zu können und andererseits insgesamt eine schlankere und effizientere Organisation zu gewährleisten (Hopp / Göbel 2008: 7f).
Auch wenn die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement den Kommunen also Vorlagen zur Gliederung ihrer Verwaltung und ausformulierte Kon-zepte zur Verwaltungsmodernisierung zur Verfügung stellt: Den inneren Aufbau der Verwaltung, also den Organisationsplan und damit auch die formale Zuständigkeit für das Thema „Familie“ bestimmt jede Verwaltungsleitung selbst (Bogumil / Holtkamp 2006: 68f). Verpflichtend ist lediglich die Einrichtung eines Jugendamtes – außer in den Fällen, in denen ein Kreisjugendamt zuständig ist. Mit welchen fachlichen Aufgabenbereichen das Jugendamt allerdings kombiniert wird, bleibt ebenfalls den Kommunen überlassen.
Die Verwaltungsforschung kennt verschiedene Möglichkeiten einer ressortübergrei-fenden Koordination, die ein Querschnittthema wie „Familie“ im Gesamtgebilde einer Verwaltung jeweils anders verankern. Das Thema erhält dementsprechend einen unterschiedlichen Stellenwert. So wäre ein eigenes Amt für kommunale Familienpolitik ein starkes Signal für die Bedeutung des Themas in der Kommune, aber auch eine eigene Stabsstelle für Familienpolitik, die außerhalb der Verwaltungshierarchie angesiedelt ist, kann das Thema stärken. Denkbar ist auch die Federführung eines Amtes für Aufgaben der Familienpolitik oder eine Projektorganisation. Kooperation und Koordination zwischen den mit Familienthemen befassten Verwaltungsstellen kann schließlich auch durch Koordinationsgremien oder Arbeitsgruppen gefördert werden (Bogumil 2008).
Die Bedeutung verwaltungsstruktureller Vorgaben
Mit dem Konzept eines „Kommunalen Managements für Familie“ ist die Vorstellung verbunden, dass Aktivitäten für Familien auf der kommunalen Ebene an Zielen orientiert sein sollen und dass vorhandene Ressourcen auf dieser Grundlage eingesetzt und gebündelt werden. Dies setzt zunächst voraus, dass die Kommune sich für Familienpolitik zuständig sieht und dass sie dies nach innen (in der Verwaltung) und nach außen (gegenüber anderen familienpolitischen Akteuren und vor allem gegenüber den Familien selbst) signalisiert. Es setzt außerdem voraus, dass strukturelle und personelle Voraussetzungen für eine fachlich notwendige Aufgabenbündelung und Kooperation gegeben sind.Wenn Bürgerinnen und Bürger ein Anliegen haben, suchen sie unter anderem den Weg in die Bezirks-, Gemeinde- oder Stadtverwaltung. Hier müssen sie sich – zu-meist mit kompetenter Unterstützung durch Bürgerservice oder Empfang – orientie-ren und die für ihr Anliegen zuständigen Mitarbeitenden der Kommunalverwaltung finden – sowohl fachlich als auch räumlich. Zuständigkeit nach innen und außen wird bereits durch die Abteilungs- oder Referats- bzw. Stellenbezeichnung deutlich. Hier stellt sich also die Frage, ob die Bezeichnung „Familie“ im Organisationsplan der Kommune auftaucht.
Auch die Zusammenfassung von Aufgaben bzw. Organisationseinheiten zu Fachbereichen oder Produktgruppen schafft Vorgaben für die konkrete Arbeit. Gemeinsame Zuständigkeit für mehrere Arbeitsgebiete ermöglicht zumindest auf der Leitungsebene eher eine fachbezogene und stärker integrierende Sicht, die eine Querschnittsorientierung und Kooperation dieser Einheiten begünstigt. Damit sind wichtige strukturelle Voraussetzungen für die Behandlung des Querschnittsthemas „Familie“ gegeben. Wichtig ist, mit welchen weiteren Arbeitsgebieten die für Familie zuständige Verwaltungseinheit befasst ist.
Die Verbreitung des neuen Steuerungsmodells hat in vielen Kommunen zu weitrei-chenden strukturellen Änderungen geführt. Grundsätzlich wurde die Arbeit an Querschnittsthemen eher gefördert, da vielerorts die stark segmentierte Aufteilung zugunsten umfassenderer Fachbereiche aufgegeben wurde. Die für Familienpolitik wichtige Frage ist, ob auch ihre Verortung und ihr Stellenwert von solchen Reformen berührt waren und um welche Art von Umstrukturierung es sich gehan-delt hat.
Im Rahmen eines kommunalen Managements für Familie ist darüber hinaus im Zu-sammenhang mit einer koordinierten Planung und Steuerung und im Interesse einer besseren Zugänglichkeit für die Familien eine Bündelung der Zuständigkeiten bedeutsam. Gleichzeitig ist jedoch davon auszugehen, dass längst nicht alle tatsächlich für Familien relevanten Aufgaben und mit Familie befassten Stellen organisatorisch zusammen geführt werden können. Es verbleibt daher – neben der Aufgabe der Bündelung – die Aufgabe der Vernetzung und Kooperation sowohl innerhalb der Verwaltung als auch mit familienpolitischen Akteuren, die nicht zur Verwaltung der Kommune gehören. Frage ist, in welchem Umfang solche Strukturen in den Kommunen mittlerweile vorhanden sind.
Die Studie „Kommunalverwaltung und Familienpolitik in NRW“ des Zentrums für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) aus dem Jahr 2010 bietet einen Über-blick darüber, in welchem Umfang solche Strukturen vorhanden sind (vgl. hierzu ausführlich Wunderlich 2010). Sie basiert auf einer schriftlichen Befragung, an der sich nahezu jede zweite Kommune in Nordrhein-Westfalen beteiligt hat. Ihre Ergebnisse sind repräsentativ.
Der Begriff „Familie“ in der Kommunalverwaltung
Die Verantwortlichkeiten für Familie sind in den Kommunen Nordrhein-Westfalens nicht nur unterschiedlich angesiedelt, sondern variieren auch stark in den für sie gewählten Bezeichnungen. Die Befragten sollten unter anderem möglichst genau angeben, wo in ihrer Kommune die Zuständigkeit für Familienpolitik angesiedelt ist. Unterschieden wurde im Rahmen der Befragung nach der für Familie zuständigen „übergeordneten Verwaltungseinheit“ und der „untergeordneten Verwaltungseinheit“. Diese Formulierung war angezeigt, da auch die Bezeichnung der Verwaltungsebenen sehr unterschiedlich gehandhabt wird. So ist von Ämtern, Abteilungen, Bereichen oder auch von Fachbereichen die Rede, wenn es um die konkrete, operative Ebene in der Verwaltung geht. Für die Zusammenfassung der einzelnen Verwaltungsbereiche zu übergeordneten Einheiten finden sich Bezeichnungen wie zum Beispiel Fachbereich, Dezernat oder Vorstandsbereich.Wie nicht anders zu erwarten war, wurden von den 202 Kommunen, die sich beteiligt haben, sehr viele unterschiedliche Bezeichnungen für die jeweils zuständige Verwaltungseinheit genannt. Eine große Vielfalt wurde sowohl in der Zusammenstellung oder Reihenfolge der verwendeten Begriffe als auch bei den einbezogenen Bereichen selbst deutlich. So gab es bei den für Familienpolitik zuständigen untergeordneten Verwaltungseinheiten insgesamt 142 verschiedene Bezeichnungen, bei den übergeordneten Verwaltungseinheiten waren es sogar 180 unterschiedliche Bezeichnungen und Begriffskombinationen.
Ungefähr ein Viertel aller Kommunen ab 20.000 Einwohnern in Nordrhein- Westfalen drückt in Bezug auf die übergeordnete Verwaltungsebene die Zuständigkeit für Familie auch begrifflich aus (Abbildung 1). Bei den kleineren kreisangehörigen Städten und Gemeinden ist dies bislang noch kaum der Fall. Geringere, aber durchaus noch feststellbare Differenzen zeigen sich bei den untergeordneten Verwaltungseinheiten. Eine deutliche Abstufung gibt es jedoch auch hier: je größer die Kommune, desto eher wird auch in der Ver-waltungsgliederung das Thema kommunale Familienpolitik ausgewiesen.
Soweit die folgenden Auswertungen nach der Einwohnerzahl differenzieren, blieben die Kreise außer Betracht.
Abb. 1: Verwendung des Begriffs "Familie" in Verwaltung und Ausschüssen nach Einwohnerzahl der Kommune

Bei 29% der Kommunen taucht der Begriff „Familie“ entweder in der Bezeichnung der übergeordneten oder der untergeordneten Verwaltungseinheit auf. Nur 11% verwenden ihn bei der Bezeichnung beider Ebenen (Wunderlich 2010: 30). Insgesamt kann festgehalten werden, dass Familienpolitik nach wie vor eher ein „verstecktes Thema“ der Kommunalverwaltung ist. Dies kontrastiert stark mit einer gleichzeitig feststellbaren großen Bedeutung für die Kommunalverwaltung (ebd.: 16).
In der Kommunalpolitik bzw. in den hierfür wichtigen fachlichen Zuschnitten der Ausschüsse zeigt sich ein etwas anderes Bild: Vor allem in den kleineren Kommunen mit einer Einwohnerzahl bis 50.000 Einwohnern signalisiert die Kommunalpolitik Zuständigkeit für Anliegen der Familien und verwendet (unter anderen) den Begriff „Familie“ in der Ausschussbezeichnung. In den größeren Städten ist dies kaum der Fall.
Strukturelle Voraussetzungen für Kooperation
Familienthemen werden besonders häufig denjenigen übergeordneten Verwaltungseinheiten zugeschlagen, die auch für Soziales (43% der Kommunen) oder Jugend (42%) zuständig sind. Es folgen die Themen Schule (23%), Sport (17%), Kultur (15%) und Bildung (13%). Aufgrund der gegebenen inhaltlichen Nähe bieten sich solche Zusammenfassungen in Dezernaten oder Fachbereichen an. Seltener wird die Zuständigkeit für Familie mit Fachthemen zusammengefasst, de-ren inhaltliche Bezüge zur Familienpolitik durchaus gegeben, aber keineswegs selbstverständlich auch gesehen werden. Hierzu gehören etwa Arbeit, Finanzen, Gesundheit, Gleichstellung, Integration, Sicherheit oder Wohnen.Mit Blick auf die untergeordnete Verwaltungseinheit zeigt sich ein vergleichbares Bild. Auch hier sind die Fachbegriffe Jugend und Soziales am häufigsten vertreten. Insgesamt ist die Themenvielfalt auf der untergeordneten Ebene aufgrund der dort praktizierten stärkeren Spezialisierung der Verwaltungseinheiten jedoch deutlich geringer.
Ohne Berücksichtigung von Dezernats-, Fachbereichs-, Ämter- oder Gebietszu-schnitten wurde auch danach gefragt, ob und in welchem Maße eine Kooperation zwischen der für Familie zuständigen untergeordneten Stelle und bestimmten, für eine Kooperation besonders wichtigen Verwaltungseinheiten faktisch stattfindet. Unterschieden wurde bei den Antwortvorgaben nach einer „dauerhaften, verbindlichen Zusammenarbeit“ und einer „projektbezogenen Zusammenarbeit“. Die folgende Aufstellung knüpft teilweise an den über Verwaltungsstrukturen vorgegebenen Bündelungen an, lässt jedoch auch davon unabhängig deutliche Schwerpunkte im Alltagsgeschäft erkennen.
Abb. 2: Tatsächliche Kooperation mit anderen Verwaltungsstellen

Besonders stark ausgeprägt ist die Kooperation mit den für Schulfragen zu-ständigen Verwaltungsstellen. Zu vermuten ist, dass vor allem aufgrund des fortschreitenden Ausbaus des Ganztagsbetriebs und der offenen Ganztagsschule fortgesetzte Kooperationserfordernisse gegeben sind. Eine Zusammenarbeit mit den Stellen für Soziales und Jugend ist offensichtlich im Alltagsgeschäft der familienpolitischen Akteure die Regel. Aber auch die Koopera-tion mit der Gleichstellungsstelle und mit den für Stadtplanung und Bauen zuständigen Stellen wird in jeder zweiten Kommune in Nordrhein-Westfalen dauerhaft und verbindlich oder projektbezogen praktiziert. Mit den für Gesundheit und Statistik zuständigen Stellen wird ebenfalls recht häufig kooperiert – allerdings eher projektbezogen und punktuell.Eine dauerhafte und verbindliche Kooperation mit der Wirtschaftsförderung ist in jeder dritten Kommune gegeben. Dies kann als Hinweis darauf gesehen werden, dass die Bedeutung von Familienpolitik als Standortfaktor in vielen Städten und Gemeinden Nordrhein-Westfalens gesehen wird und sich dort bereits entsprechende Kooperationsstrukturen entwickelt haben.
Veränderungen in den letzten Jahren
Die Frage nach den für Familienpolitik relevanten Verwaltungsreformen lautete: „Hat es in Ihrer Verwaltung in den letzten 10 Jahren Umstrukturierungen gegeben, die die Zuständigkeit für kommunale Familienpolitik betroffen haben?“ Explizit eingeschlossen war hier auch die Einrichtung von Lenkungsgruppen, Steuerungsgruppen etc.. Die Befragten sollten stattgefundene Umstrukturierungen benennen. Hierfür waren keine Antwortmöglichkeiten vorformuliert.Auch hier zeugt die Sichtung der Antworten vor allem für die kommunale Vielfalt: Letztlich hat jede Kommune einen eigenen, auf ihre besondere Situation zugeschnittenen Weg gesucht, so dass man nicht davon ausgehen kann, dass die Reform von Verwaltungsstrukturen und die Zuständigkeit für Familienpolitik ein einheitliches Bild ergeben. Allerdings fallen gewisse Tendenzen auf.
Insgesamt haben Umstrukturierungen, die die Zuständigkeit für Familienpolitik betreffen, im Verlaufe der letzten 10 Jahre in mehr als einem Drittel aller Kommunen stattgefunden. Ein eindeutiger Schwerpunkt liegt – entsprechend den Empfehlungen des neuen Steuerungsmodells – auf der Zusammenlegung und Bündelung von Zuständigkeiten für Familie (in ungefähr jeder dritten Kommune mit Reformmaßnahmen im Bereich der Familienpolitik). Weitere Schwerpunkte betreffen eine Aufwertung des Bereichs durch Personal- und Stellenaufstockun-gen, die Einrichtung einer eigenen Verwaltungseinheit, die Einrichtung von Arbeitskreisen und Projektgruppen oder eine neue und zumeist eindeutigere Zuordnung des Bereichs „Familie“ innerhalb der Verwaltung.
Bündelung von Zuständigkeiten und Kooperation
Eine Umsetzung von Querschnittsorientierung kann zum einen die Bündelung von Zuständigkeiten durch eigens hierfür eingerichtete bzw. ausgewiesene Stellen in der Verwaltung beinhalten. Dies wäre zum Beispiel durch die Stelle eines/einer Familienbeauftragen oder durch die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle (z.B. eines Familienbüros) möglich und wurde in der ZEFIR-Studie auch erfragt. Eine Konzentration von familienpolitischen Zuständigkeiten kann jedoch durchaus auch bei anderen Verwaltungsstellen erfolgen. Auch hiernach wurde gezielt gefragt.Daneben ist die Vernetzung und Kooperation sowohl innerhalb der Verwaltung als auch mit Akteuren außerhalb der Verwaltung ein wichtiger Schritt hin zu mehr Querschnittsorientierung beim Thema Familie. Dies wird durch unterschiedliche Kooperationsformen innerhalb der Verwaltung möglich und außerdem durch die Arbeit der „lokalen Bündnisse für Familie“ voran gebracht. Solche Strukturen sind wie folgt vorhanden:
Lokales Bündnis für Familie: | 38% |
Neue Kooperationsformen in der Verwaltung: | 28% |
Familienbeauftragte/r: | 12% |
Zentrale Anlaufstelle in der Verwaltung: | 25% |
Konzentration bzw. Bündelung von familienpolitischen Zuständigkeiten: | 48% |
In fast der Hälfte der nordrhein-westfälischen Kommunen gibt es Familienbe-auftragte und auch auf die Frage nach einer Bündelung familienpolitischer Zuständigkeiten haben über 48% der Befragten mit „ist vorhanden“ geantwortet. Eine zentrale Anlaufstelle und andere neue Kooperationsformen gibt es dagegen erst in 25% bzw. 28% der Kommunen. Aufgrund der unterschiedlichen Verwaltungsgrößen sind die Vernetzungsnotwendigkeiten und auch die Möglichkeiten zur Einrichtung spezialisierter Verwaltungsstellen in größeren und kleineren Kommunen sehr unterschiedlich. Eine differenzierte Sicht auf die Verteilungen ist daher erforderlich.
Abb. 3: Querschnittsorientierte Strukturen nach Einwohnerzahl

Fazit
Das „Querschnittsthema Familie“ ist in der Kommunalverwaltung organisatorisch an vielen Stellen vertreten – die Zuständigkeit hierfür wird in sehr unterschiedlicher Weise mit anderen Fachthemen kombiniert. Die explizite Verwendung des Begriffs in der Verwaltungsgliederung ist jedoch nicht die Regel. Nur in verhältnismäßig wenigen Kommunen wird die Zuständigkeit für Familie auf der übergeordneten Verwaltungsebene oder auf der untergeordneten Ebene explizit in der Bezeichnung der Verwaltungseinheit auch ausgewiesen. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die „Auffindbarkeit“ der zuständigen Fachleute, sondern signalisiert auch, dass der unbestreitbar hohe Stellenwert des Themas sich noch nicht in den Verwaltungsstrukturen wieder findet.Mit Blick auf die organisatorischen Strukturen ergeben sich vor allem starke Bezüge zu den Themen Jugend, Soziales, Bildung, Schule, Sport und Kultur. Mit diesen Stellen werden im Arbeitsalltag auch besonders häufig „dauerhafte und verbindliche“ Kooperationen praktiziert. Daneben gibt es in vielen Kommunen aber auch mit ganz anderen Bereichen dauerhafte oder projektbezogene Kooperation.
Die Bündelung von Zuständigkeiten und Vernetzung ist ebenfalls in vielen Kommunen bereits strukturell verankert. Hier sieht es so aus, dass kleinere Kommunen eher auf Aufgabenbündelung setzen, während lokale Bündnisse und neue Kooperationsstrukturen eher in größeren Städten eingerichtet werden.
Literatur:
Bogumil, Jörg (2008): Strategische Ausrichtung der Kommunalverwaltung. http://www.familie-in-nrw.de/verwaltungsstruktur.html (letzter Zugriff: 03.03.2011)
Bogumil, Jörg / Holtkamp, Lars (2006): Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung. Eine policyorientierte Einführung. Wiesbaden (VS)
Hopp, Helmut / Göbel, Astrid (2008): Die öffentliche Verwaltung als Gegenstand mo-dernen Managements: Funktionen, Strukturen und Probleme. In: Dies., Management in der öffentlichen Verwaltung: Organisations- und Personalarbeit in modernen Kommunalverwaltungen Stuttgart (Schäffer Pöschel) 3. Auflage
Schultz, Annett / Strohmeier, Klaus Peter / Wunderlich, Holger (2009): Örtliche Fami-lienpolitik – warum und wie? In: der moderne staat – Zeitschrift für Public Policy, Recht und Management, Heft 1/2009, S. 185-206
Wunderlich, Holger (2010): Kommunalverwaltung und Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen. Auswertungsbericht. ZEFIR (Eigenverlag)
Autorin:
Angelika Engelbert
Leiterin des Informations- und Qualifizierungszentrums für Kommunen (IQZ) am Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) der Ruhr-Universität Bochum.
Erstellungsdatum: 19.04.2011