Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen

Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Vereinbarkeit von Familie und Beruf: aktuelle Zahlen und Fakten

Wie vereinbaren Mütter und Väter heutzutage Familie und Beruf? Wie schätzen Eltern die Rahmenbedingungen ein? Hat die Familienform Einfluss auf das Erwerbsverhalten der Mütter und Väter? Wie organisieren Paare mit Kindern ihre Erwerbstätigkeit? Dieser Text zeigt aktuelle Daten zu Einstellungen, Trends und Entwicklungen der Erwerbsbeteiligung von Eltern.
Zwei Drittel der Bevölkerung sind der Auffassung, dass sich in Deutschland Familie und Beruf nicht gut vereinbaren lassen. 74% der Gesamtbevölkerung und 81% der Eltern mit Kindern unter 18 Jahren nennen daher als eines der wichtigsten Ziele der Familienpolitik die Vereinbarkeit von Familie und Beruf (IfD Allensbach 2013).

Wie groß die Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familien und Beruf sind, hängt u.a. von Art und Umfang der Erwerbstätigkeit von Müttern und Vätern ab (siehe Keller/Haustein 2013).

 

Mütter sind stärker erwerbsorientiert als je zuvor

2012 lag die Erwerbsquote der Mütter im Bundesgebiet im Durchschnitt bei 60,3%, 1996 waren es noch 49,2%. Sind die Kinder noch klein, schränken Mütter ihre Berufstätigkeit deutlicher ein als Väter. Diese sind durchgängig häufiger erwerbstätig als gleichaltrige Männer ohne Kind im Haushalt. Ab dem 35. Lebensjahr zeigt sich dies besonders ausgeprägt.

Mit dem Alter der Kinder steigt die Erwerbstätigkeit der Mutter: Je älter die Kinder werden, desto höher ist die Erwerbsbeteiligung der Mütter. 31% der Mütter mit einem Kind unter 3 Jahren waren 2012 erwerbstätig, 72% derer mit Kindern über 15 Jahren. Bei den Vätern liegt die Quote relativ konstant bei 82-85% (siehe Abbildung 1).


Abbildung 1, Quelle: Keller/Haustein 2013, S. 866

 

Mütter häufig in Teilzeit tätig, Väter in Vollzeit

Auch beim Umfang der Erwerbstätigkeit zeigen sich große Unterschiede: Teilzeitarbeit ist nach wie vor bei Frauen sehr viel stärker verbreitet als bei Männern. Mehr als zwei Drittel (69%) der aktiv erwerbstätigen Mütter arbeiteten im Jahr 2012 in Teilzeit –allerdings nur 6% der Männer. Mit steigendem Alter des jüngsten Kindes sinkt die Teilzeitrate der Mütter jedoch deutlich (siehe Abbildung 2).


Abbildung 2, Quelle: Keller/Haustein 2013, S. 867

Die Gründe für die Teilzeittätigkeit unterscheiden sich deutlich: 81% der teilzeittätigen Mütter schränken ihren Beschäftigungsumfang „wegen persönlicher oder familiärer Verpflichtungen“ ein. Bei den Vätern spielt dies eine deutlich geringere Rolle (25%): Sie schränken den Umfang ihrer Beschäftigung eher ein, weil keine Vollzeitstelle zu finden war (39%) oder aus anderen Gründen wie Krankheit oder Ausbildungs- und Weiter­bildungsmaßnahmen (36%) (siehe Abbildung 3).


Abbildung 3, Quelle: Keller/Haustein 2013, S. 868

 

Alleinerziehende arbeiten häufig Vollzeit

Neben der Anzahl und dem Alter der Kinder hat auch die Familienform Einfluss auf den Umfang der Erwerbstätigkeit von Eltern.

Bei Müttern spielt die Familienform heute bei der Entscheidung, erwerbstätig sein zu wollen, keine ganz so große Rolle mehr: Die meisten Mütter wollen nach der Geburt ihres Kindes kurz- oder mittelfristig wieder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Ehefrauen mit Kindern sind allerdings überwiegend nicht vollzeitbeschäftigt (26%); alleinerziehende Mütter (44%) und Lebenspartnerinnen mit Kindern (46%) arbeiten häufiger in Vollzeit.

Bei den Vätern ist es genau umgekehrt: Sie sind überwiegend in Vollzeit tätig (95% der Ehemänner, 92% der Lebenspartner und 87% der alleinerziehenden Männer), nehmen aber in Abhängigkeit von der Familienform am Erwerbsleben teil (Ehemänner 85%, Lebenspartner 81%, alleinerziehende Väter 73%) (siehe Abbildung 4).


Abbildung 4, Quelle: Keller/Haustein 2013, S. 869

 

Immer häufiger sind beide Elternteile erwerbstätig

Bei mehr als der Hälfte der Paare (55%) sind beide Partner aktiv erwerbstätig. Die traditionelle Rollenverteilung, bei der ausschließlich der Mann erwerbstätig ist, ist 2012 nur noch bei einem knappen Drittel (30%) der Familien Realität – 1996 war diese Familienform mit 47% noch deutlich stärker ausgeprägt.

Das jetzt mit Abstand häufigste Arbeitszeitmodell ist die Kombination eines in Vollzeit arbeitenden Vaters und einer in Teilzeit arbeitenden Mutter (siehe Abbildung 5).


Abbildung 5, Quelle: Keller/Haustein 2013, S. 871

 

Wünsche und Wirklichkeit klaffen nach wie vor noch weit auseinander

Auf die Frage „Wie hat sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf entwickelt?“ antwortet die Hälfte der Befragten, dass sich nichts getan hat und ca. 30% sind der Meinung, dass sich Familie und Beruf heute sogar noch schwieriger vereinbaren lassen (siehe Allmendinger/Haarbrücker 2013, S.10).

Fortschritte zeigen sich bei der Kinderbetreuung durch Väter: 47%  sind der Meinung, dass sich die Möglichkeit für Väter, ihr Berufsleben für die Kinderbetreuung zu unterbrechen, positiv entwickelt hat.

Fragen zu den persönlichen Lebens- und Arbeitsumständen wurden von Männern und Frauen relativ ähnlich beantwortet. Männer schätzten jedoch die Möglichkeit der Vereinbarkeit von Arbeit und Kindern als schwieriger ein (siehe Abbildung 6).


Abbildung 6, Quelle: Allmendinger/Haarbrücker 2013, S. 42

 

Immer mehr Väter in Elternzeit

Für Väter bedeutet eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Regel eine Reduzierung der Arbeitszeit, um mehr Zeit mit der Familie verbringen zu können. Hier zeigen sich zwei deutliche Trends:

Der Anteil der Väter in Nordrhein-Westfalen, die Partnermonate der Elterngeldregelung in Anspruch genommen haben, steigt (fast) kontinuierlich an (siehe Abbildung 7).


Abbildung 7, Quelle: WZB 2014


Der Folgeeffekt der Inanspruchnahme der Elternzeit bei Vätern: Väter, die Elternzeit genommen haben, reduzieren ihre Arbeitszeit auch nach der Rückkehr in den Job durchschnittlich um 4,5 Wochenstunden, das zeigte Mareike Bünning in einer Analyse des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. „Bereits in zwei Monaten Elternzeit können Väter eine enge Bindung zu ihrem Kind aufbauen, die sie dann längerfristig beibehalten wollen“ so ihr Fazit (WZB 2014).

In Hinblick auf eine partnerschaftliche Verteilung von Kindererziehung und Haushaltsarbeit wird in der Studie auf einen weiteren interessanten Effekt hingewiesen: Väter erhöhten ihr Engagement bei der Hausarbeit nach der Elternzeit hauptsächlich dann, wenn sie in Elternzeit waren, während ihre Partnerin erwerbstätig war. Sind sie eine Zeit lang hauptverantwortlich für den Haushalt, dann übernehmen sie auch später mehr Verantwortung.

Es zeigt sich also: Arbeitszeit- und Familienmodelle sind im Wandel. Die persönlichen Einstellungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf ändern sich ebenso wie die Verteilung der Lasten im Haushalt und bei der Kinderbetreuung. Doch wie gehen die Kinder mit dieser Lebenssituation um?

 

Kindern bereitet die Berufstätigkeit der Eltern wenige Probleme

Klaus Hurrelmann befragte sechs- bis elfjährige Kinder zu den Themen Familiengründung und Vereinbarkeit (Hurrelmann 2011). Die Studie zeigt, dass Kinder mit der Erwerbstätigkeit ihrer Eltern in der Regel keine Probleme haben, mit Arbeitslosigkeit hingegen schon: Nach „Schlechte Schulnoten“ wurde „Arbeitslosigkeit der Eltern“ am häufigsten als Antwort auf die Frage „Wovor ich manchmal oder häufig Angst habe“ genannt (World Vision Kinderstudie 2010, nach Hurrelmann 2011, S.2).Bei der Frage, wie zufrieden die Kinder mit der zeitlichen und der persönlichen Zuwendung ihrer Eltern sind („Meine Eltern haben beide zu wenig Zeit/ein Elternteil hat zu wenig Zeit, das andere mal so, mal so“), stellte sich heraus, dass insbesondere Kinder arbeitsloser Eltern relativ unzufrieden sind (Abbildung 8).


Abbildung 8, Quelle: Hurrelmann 2011, S. 3


Dies zeigt, dass die zur Verfügung stehende Zeit alleine nicht ausschlaggebend ist – entscheidend sind auch Sicherheit, Struktur und Zuverlässigkeit.


Literatur

Allmendinger, Jutta/Haarbrücker, Julia (2013): Lebensentwürfe heute. Wie junge Frauen und Männer in Deutschland leben wollen. Kommentierte Ergebnisse der Befragung 2012, Discussion Paper P 2013–002, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung

Hurrelmann, Klaus (2011): „Vereinbarkeit von Familie und Beruf – Was sagen Kinder und Jugendliche dazu?“, Thesenpapier zum Bundeskongress der Lokalen Bündnisse für Familie, online unter: http://www.lokale-buendnisse-fuer-familie.de/fileadmin/user_upload/lbff/Presse/Pressemappe_Buko/Hurrelmann_Thesenpapier.pdf (letzter Abruf 02.10.2014)

IfD Allensbach (2013): Monitor Familienleben 2013 – Einstellungen der Bevölkerung zur Familienpolitik und zur Familie, online unter: http://www.ifd-allensbach.de/uploads/tx_studies/7893_Monitor_Familienleben_2013.pdf (letzter Abruf 14.10.2014)

Keller, Matthias/Haustein, Thomas (2013): Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ergebnisse des Mikrozensus 2012, in „Wirtschaft und Statistik“, S. 862-882, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden

WZB – Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH (2014): „Mehr väterlicher Familiensinn“, Pressemitteilung vom 22.07.2014, online unter: http://www.wzb.eu/de/pressemitteilung/mehr-vaeterlicher-familiensinn (letzter Abruf 02.10.2014)


Autor:
Joscha Link
Wissenschaftlicher Mitarbeiter der FaktorFamilie GmbH in Bochum.


Erstellungsdatum: 14.10.2014, letzte Aktualisierung am 14.01.2015