Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen

Erziehung, Bildung und Beratung

Eltern als Partner beim Übergang von der Schule in die Ausbildung

von Angelika Puhlmann

Eltern spielen bei der Berufsorientierung ihrer Kinder eine wichtige Rolle und sollten ihnen helfend zur Seite stehen. Die Kommunen können die Familien dabei unterstützen – beispielsweise durch Informationsmaterial und Beratung.

 

Bedeutung der Eltern bei Berufsorientierung und Berufswahl

Eine Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbildung zur Berufsorientierung junger Frauen im Wandel hat sich u.a. mit der Frage beschäftigt, wer bei der Berufsorientierung für junge Menschen am wichtigsten ist. Dafür wurden insgesamt 400 Auszubildende im ersten Ausbildungsjahr befragt. Das Ergebnis: „Die Eltern sind für ihre Töchter und Söhne die wichtigste Personengruppe im Prozess Berufsorientierung. Dabei sind Vater (29%) und Mutter (28%) praktisch gleich einflussreich. Auch Freundinnen und Freunde haben nach Angabe der Befragten durchaus Einfluss auf die Berufsorientierung. Die Schule hat, so die Angaben der Auszubildenden, überwiegend keinen oder nur geringen Einfluss auf die Berufsorientierung, ebenso wie die Fachkräfte der Berufsberatung“ (Puhlmann 2011, S. 8). Die Schilderungen und Erzählungen der hier befragten Auszubildenden belegen, dass das Verhältnis zwischen Kindern bzw. Jugendlichen und ihren Eltern auch in der Phase der Berufsorientierung und des Übergangs von der Schule in die Ausbildung heute eher von Solidarität als von hierarchischer Autorität charakterisiert ist.

An der herausragenden Bedeutung der Eltern für die Berufswahl und die Berufsorientierung Jugendlicher scheint sich seit langem kaum etwas verändert zu haben. So zeigt beispielsweise Beinke (2002 und 2005) in seinen Studien zur Berufswahl, dass Eltern die größte Bedeutung für die Berufswahl der Kinder haben und dass die Eltern die Berufsentscheidung den Kindern überlassen. Ganz ähnlich heißt es in der Studie „Jugend und Beruf“ der Bertelsmann-Stiftung (2005): „Die Berufswahl ist auch einer der wenigen Bereiche, in dem Jugendliche ihre Eltern noch um Rat fragen, in dem sie ihnen noch Kompetenz einräumen“ (ebda., S. 9). Dass diese Kennzeichnung des Verhältnisses von Eltern und Jugendlichen heute auch im umfassenden Sinne gilt, belegen Ergebnisse der 16. Shell-Jugendstudie – Jugend 2010: „Die eigenen Eltern: Mehr als nur Schicksalsgemeinschaft. Entspanntes Miteinander bei Jugendlichen und ihren Eltern. Hotel Mama nicht nur aus Bequemlichkeit. Die Bedeutung der Familie für Jugendliche ist ein weiteres Mal angestiegen. Mehr als drei Viertel der Jugendlichen (76 Prozent) stellen für sich fest, dass man eine Familie braucht, um wirklich glücklich leben zu können. Das bezieht sich nicht nur auf die Gründung einer eigenen Familie, sondern auch auf die Herkunftsfamilie. Diese bietet gerade in Zeiten gestiegener Anforderungen in Schule, Ausbildung und den ersten Berufsjahren Rückhalt und emotionale Unterstützung. Mehr als 90 Prozent der Jugendlichen haben ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern. Auch mit deren Erziehungsmethoden sind die meisten einverstanden. Fast drei Viertel aller Jugendlichen würden ihre eigenen Kinder so erziehen, wie sie selber erzogen wurden. Deshalb ist es nur verständlich, dass auch das „Hotel Mama“ weiterhin gefragt ist: Fast drei Viertel aller Jugendlichen wohnen noch bei ihren Eltern – insbesondere weil es kostengünstig und bequem ist“ (Albert/Hurrelmann/Quenzel 2010, S. 63 und 70).

Dabei wird die Bedeutung der Eltern für die Berufsorientierung und Berufswahl durchaus auch kritisch und skeptisch betrachtet – und das von verschiedenen Seiten. So heißt es etwa in einer Veröffentlichung im Rahmen des BMBF-Programms Perspektive Berufsabschluss (Sacher 2011): „Der Elterneinfluss kann förderlich oder auch hinderlich und schädlich sein. Hinsichtlich des Elterneinflusses bei der Berufsorientierung etwa weiß man auch, dass ca. drei Viertel der Jugendlichen den Rat ihrer Eltern überschätzen (Arbeitskreis Einstieg 2004, 2006). Es gibt Hinweise dahin gehend, dass die Kenntnisse der Eltern über die wirtschaftliche Situation und die aktuellen Bewerbungsmodalitäten teilweise ausgesprochen mangelhaft und mitunter sogar falsch sind“ (Walter 2010, S. 211). Auch die Eltern selbst schätzen ihre Beratungskompetenz im Allgemeinen sehr kritisch ein (ebd., S. 271). Zudem nehmen 61 Prozent der Jugendlichen eine ungünstige passive Grundhaltung ein: Sie möchten, dass die Eltern ihre Wünsche und Fähigkeiten erkennen und ihnen Wege ‚aufzeigen‘ (Arbeitskreis Einstieg 2004 u. 2006). Der Elterneinfluss ist häufig auch ein ungewollt ausgeübter. Viele Eltern versuchen sich sogar bewusst aus der Berufswahl ihrer Kinder herauszuhalten, weil sie sich nicht kompetent fühlen oder weil sie nicht autoritär sein wollen (Taylor et al. 2004; Perkins & Peterson 2005). Das bedeutet aber keineswegs, dass sie nicht gleichwohl – ohne es zu wissen – Einfluss haben (ebda., S. 14).

Wir sehen also, dass es sehr unterschiedliche Vorstellungen und Bewertungen zum Einfluss von Eltern beim Übergang Schule-Ausbildung gibt und dass ein kritischer Blick auf ihre Kenntnisse und Fähigkeiten bei der Unterstützung ihrer Kinder einerseits anerkannt, andererseits aber auch in Zweifel gezogen werden.

 

Anforderungen an Eltern beim Übergang Schule-Ausbildung

Eltern sind in dieser Lebensphase ihrer Kinder offenbar mit Anforderungen konfrontiert, die belastend sein können und durchaus nicht immer widerspruchsfrei sind: Eltern sollen Vorbilder für eine erfolgreiche soziale Integration ihrer Kinder sein, die durch eine Berufsausbildung belegt wird. Wenn diese Integration nicht gelingt, werden Eltern dafür verantwortlich gemacht.

Eltern stehen für Bildungs- und Leistungsstandards und Werthaltungen ihrer Kinder in der Verantwortung – und auch dafür, wenn etwas nicht so gut oder glatt läuft. Eltern sollen einen Beitrag zum Erhalt der Berufswelt und der Gesellschaft im Sinne der Tradition leisten und sie sollen zugleich auch einen Beitrag zur Veränderung der Berufswelt leisten. Von Eltern wird im Hinblick auf Berufe und Berufswelt Fachkunde auf einem gewissen Standard erwartet und ebenso Fachkunde bezogen auf die Beratung ihrer Kinder. Es scheint so, als gäbe es Normen für die Erziehung von und die Einflussnahme auf Kinder bzw. Jugendliche bei der Berufsorientierung und Berufswahl, die die Eltern erfüllen sollen. Und es scheint auch so, als gäbe es solche Normen für die Gestaltung der sozialen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern in dieser Lebensphase: Es soll ein vertrauensvolles, offenes, möglichst konfliktfreies Klima geschaffen werden. Zu dieser Normierung passt, dass in Ratgebern und Informationsmaterialien oft noch ein bestimmter Typ Eltern zu finden ist: Es sind Ehepaare, deutscher Herkunft, mit Beruf und Berufstätigkeit. Dass die Realität auch anders ist, vielfältiger, bunter, aber nicht immer rosig  – diese Erkenntnis muss sich in der Arbeit für und mit Eltern und Familien mit Jugendlichen noch stärker als bislang durchsetzen (vgl. Puhlmann 2005; 2012).

 

Angebote für Eltern zum Thema Ausbildung und Beruf

Einbeziehung der Eltern beim Thema Übergang Schule-Ausbildung – das bedeutete lange Zeit: ein spezieller Elternabend mit einem Informationsvortrag über Ausbildungswege und Ausbildungsberufe und über die Berufsberatung und deren Sprechzeiten. Heute hat sich diese Art der Einwegkommunikation überlebt und ist längst fast überall durch eher kooperative Konzepte der Beteiligung von Eltern an schulischen und kommunalen Aktivitäten zum Thema Übergang Schule-Ausbildung ersetzt worden. Anhand einiger Praxisbeispiele lässt sich aufzeigen, wie Eltern sinnvoll unterstützt werden können. Häufig werden Informationen von bundesweit agierenden Stellen zur Verfügung gestellt, aber auch Kommunen und Kreise können direkt vor Ort tätig werden.

Insbesondere im Internet sind auf praktisch allen Seiten, die Informationen, Anleitung und Unterstützung bei der Berufsorientierung, Berufswahl und für den Übergang Schule-Ausbildung für Jugendliche anbieten, auch gesonderte Angebote für Eltern zu finden. Dabei gibt es unterschiedliche Zielsetzungen. Die Seite des Girls‘ Day informiert Eltern z.B. darüber, wie ihr Kind an Veranstaltungen des Girls’ Day teilnehmen kann, wie man berufliche Alternativen zu ‚Frauenberufen‘ – speziell auch im technischen Bereich – und entsprechende Talente entdecken kann, es gibt Tipps und Links zu Elternratgebern, Checklisten für das eigene Verhalten sowie Hintergrundinfos (https://www.girls-day.de/Schule-Eltern). Das Pendant dazu ist die Seite des Boys‘ Day (https://www.boys-day.de/). Hier geht es vor allem darum Eltern dabei zu unterstützen, dass sie attraktive soziale und erzieherische Ausbildungsberufe, in denen heute auch Jungen gefragt sind, kennenlernen und erfahren, wie breit das Berufsspektrum für Jungen heute auch in diesen Feldern schon ist.

Schließlich sei noch auf die Internetseite „Planet Beruf“ der Bundesagentur für Arbeit hingewiesen, die ebenfalls spezielle Informationen für Eltern anbietet. Es finden sich die Themen: „Fahrplan zum Beruf, Mein Kind unterstützen, Ausbildung & Beruf, Engagiert mitwirken.“ „planet-beruf.de regional“ (www.planet-beruf.de/Eltern.3.0.html) eröffnet die Möglichkeit, sich für ein Bundesland und von hier aus für die eigene Stadt, den eigenen Kreis, Informationen über Ausbildungsmöglichkeiten, hilfreiche Adressen u.a. zu informieren.

Etwas traditionellere Materialien, die allerdings ebenfalls im Netz zu finden sind, legen den Fokus auf zeitliche und inhaltliche Anleitung dazu, wie Eltern ihre Kinder am besten in dieser Lebensphase begleiten können. Einige sollen hier genannt werden. Da ist zum einen der „Berufswahlpass für Eltern“ (http://www.berufswahlpass.de/), der zur Klärung der folgenden Fragen beitragen will:
    „Welche Angebote zur beruflichen Orientierung gibt es innerschulisch und außerschulisch?
    Wie kann ich mein Kind unterstützen, seine Interessen, Stärken und Ziele zu ermitteln?
    Lassen sich aus dem freiwilligen Engagement/den Freizeit- bzw. Vereinsaktivitäten bestimmte berufliche Interessen ableiten?
    Wie schätzen Lernbegleiter bei Praktika, Betriebs- oder Praxistagen sowie anderen inner- und außerschulischen Aktivitäten oder Ferienjobs die Stärken Ihrer Tochter/Ihres Sohnes ein?
    Sind die beruflichen Vorstellungen Ihrer Tochter/Ihres Sohns realistisch, wenn man die Schulleistungen und den zu erwartenden Schulabschluss mit in Betracht zieht?
    Welche – auch außerschulisch erworbenen – Bescheinigungen und Unterlagen werden bei der Bewerbung wichtig?“
Ähnlich ist das Angebot des Vereins Berufswahlpass für Bochum und Herne e.V., der mit dem Untertitel „Ohne Eltern geht es nicht“ auf seiner Internetseite neben der Anleitung zum Arbeiten mit dem Berufswahlpass auch für Eltern interessante Veranstaltungen und Informationen bereithält (www.berufswahlpass-bochum.de/themen/eltern).

Im Kreis Dithmarschen (2012) wurde vom Regionalen Übergangsmanagement ein „Elternfahrplan Übergang Schule-Beruf“ erstellt, der sehr detailliert über die letzten beiden Schuljahre hinweg wichtige Termine notiert und im Zeitverlauf festhält, was das Kind zu bestimmten Zeitpunkten tun sollte und wie man dem Kind dabei helfen kann. Auch dieser Fahrplan ist ein geeignetes Instrument, um sich selbst mit den Fragen des Übergangs zu befassen.

Eine besondere Herausforderung kann es für die Jugendlichen, aber auch für ihre Eltern sein, einen – möglichst passenden und wunschgemäßen – Praktikumsplatz für das Schülerbetriebspraktikum im Rahmen der schulischen Berufsorientierung zu finden. Aus Elternsicht stellen sich meist verschiedene Fragen: Was muss ich beachten? Wie kann ich einen Praktikumsplatz beurteilen? Welche Rechte und Pflichten hat mein Kind beim Praktikum? Zu diesen Fragestellungen finden sich auf der Internetseite der Bundesarbeitsgemeinschaft Schule/Wirtschaft (2013) in einem Band „Checklisten Schülerbetriebspraktikum“; diese können für die einzelnen Zielgruppen – Schüler/innen, Schulen, Betriebe und Eltern – heruntergeladen werden. Mit den Checklisten soll  „Praktische Hilfe für Betriebe, Schulen, Schüler und Eltern zur Umsetzung von Schülerbetriebspraktika mit Qualität“ gegeben werden. Die Checkliste für Eltern ist in die drei Felder „Vorbereitungsphase, Durchführungsphase, Nachbereitungsphase“ unterteilt und enthält jeweils Ratschläge für Verhaltensmöglichkeiten und Aktivitäten. Auf dieser Internetseite gibt es auch eine interaktive Deutschlandkarte, auf der man – je nach Bundesland – Ansprechpersonen finden kann, die für weitere Fragen zur Verfügung stehen.

Und schließlich bleibt noch auf ein anderes, heikles Thema einzugehen: Wenn es mit dem einmal gefundenen Ausbildungsplatz nicht klappt, wenn es Schwierigkeiten in der Ausbildung gibt oder die Ausbildung sogar abgebrochen wird – dann stellt sich auf ganz andere Art nochmals die Frage: Was tun? Darauf möchte der „Elternratgeber Ausbildung und Ausbildungsabbrüche“ (Netzwerk Westmünsterland e.V. 2010) Antworten geben.  Neben allgemeinen Informationen zur dualen Ausbildung – etwa Vertrag, Rechte und Pflichten,  Prüfung – geht es wesentlich um Fragen, die einen Ausbildungsabbruch betreffen. Welche Gründe gibt es dafür? Welche Beratungs- und Unterstützungsangebote gibt es entsprechend der vorliegenden Problemlage?

 

Zweisprachige Informationen – heute ein Muss

Inzwischen ist auch die Tatsache angekommen, dass Informationsmaterial in mehreren Sprachen zur Verfügung stehen muss, denn Deutschland gilt inzwischen als Einwanderungsland. Diese Materialien sind eine Einladung an zugewanderte Eltern, sich in ihrer Muttersprache und auf Deutsch über das Bildungs- und Ausbildungssystem in Deutschland zu informieren, selbst Berufe kennenzulernen und etwas über Unterstützungsangebote zu erfahren. Hier einige Beispiele:

Auf ihrer Seite „Planet Beruf“ hat die Bundesagentur für Arbeit (2012/2013) ein türkisch-deutsches Heft für Eltern mit dem Titel „Meslek seçiminde destek – Berufswahl begleiten“ herausgegeben. Damit Eltern ihren Kindern besser zur Seite stehen können, erklärt das Elternmagazin „dafür alle wichtigen Schritte von der ersten Phase der Berufsorientierung bis hin zum Vorstellungsgespräch. Musterbeispiele für Anschreiben und Lebenslauf zeigen, wie Ihr Kind seine Bewerbung aufbauen kann. Zusätzlich kommen Auszubildende und Eltern mit türkischem Hintergrund zu Wort und berichten über ihre Erfahrungen bei der Berufswahl“ (ebda., S. 3).

Auf der Seite des BIBB finden sich beim Jobstarter-Projekt „Fachglossars betriebliche Ausbildung“. Diese Publikationen richten sich zwar an Unternehmerinnen und Unternehmer mit Migrationshintergrund, doch können sie gut auch von Eltern genutzt werden, um sich – zweisprachig – über das Ausbildungssystem und die Ausbildungsmöglichkeiten zu informieren. Die Glossars sind – nach der Reihenfolge ihres Erscheinens – in  englisch, türkisch, italienisch, griechisch, arabisch, bosnisch/kroatisch/serbisch, polnisch und russisch erschienen (www.jobstarter.de/de/publikationen-89.php).

Darüber hinaus gibt es inzwischen zahlreiche Ansätze und Konzepte in Regionen, die mit Zweisprachigkeit arbeiten. Zwei Beispiele seien hier genannt:

Der Göttinger Eltern-Kompass, den die Stadt Göttingen auf ihrer eigenen Internetseite präsentiert, hebt die langfristige Bedeutung der Entscheidungen zum Ende der Schulzeit der Kinder hervor und zielt darauf „...eine Hilfestellung (zu) geben, sich mit dem Thema Berufsorientierung auseinander zu setzen und mit dem Kind ins Gespräch zu kommen. Er bietet Unterstützung u.a. dabei, die Interessen und Fähigkeiten des Kindes sowie Berufswünsche herauszufinden, Aspekte der Entscheidung für einen Ausbildungsberuf sowie schriftliche Bewerbungen zu unterstützen. Der Göttinger Eltern-Kompass wird in insgesamt vier Sprachen angeboten (https://www.goettingen.de/staticsite/staticsite.php?menuid=1480&topmenu=273).

Das zweite Beispiel ist das Konzept des Regionalen Übergangsmanagements (RÜM) Stuttgart, das im Rahmen des BMBF-Programms „Perspektive Berufsabschluss“ gefördert wird. Hier wurde eine Handreichung zur „Zusammenarbeit mit Eltern in der Berufsorientierung“ (Landeshauptstadt Stuttgart 2011) entwickelt. Eltern werden hier als Partner der Schule bei der Berufsorientierung gesehen und es werden Vorschläge und Planungshilfen gegeben, die eine entsprechende Zusammenarbeit mit Eltern ermöglichen sollen. Zu den einzelnen Themen – z.B. „Berufe erkunden“ oder „Berufsvorbereitung und Bewerbung“ – werden Arbeitsblätter in insgesamt sechs Sprachen angeboten, die jeweils einzeln von der Internetseite heruntergeladen werden können und auch für Eltern als Selbstlernende interessant sein können.

 

Anforderungen von Eltern an Unterstützung

In diesem Artikel sind einige der zahlreichen Informations- und Unterstützungsangebote für Eltern sowie Konzepte der Einbindung von Eltern in schulische und außerschulische Aktivitäten zur Berufsorientierung, Berufswahl und Gestaltung des Übergangs Schule-Ausbildung vorgestellt worden. Die Basis dieser Angebote und Konzepte bilden in der Regel Normvorstellungen – ‚Was Eltern wissen und tun sollten‘ – sowie sicher auch vielfältige individuelle und institutionelle Erfahrungen aus der Begegnung und der Arbeit mit Eltern. Bislang werden so wichtige Fragen wie: welche Unterstützung sich Eltern wünschen, welche Angebote sie kennen, welche Angebote für sie hilfreich sind oder auch welche Angebote sie ablehnen, was sie selbst darüber hinaus brauchen oder vielleicht auch aktiv(er) beitragen wollen, noch nicht regelmäßig und standardmäßig an Eltern gestellt und Informationen dazu sind noch nicht repräsentativ erhoben worden. Hier klafft eine Forschungslücke, die geschlossen werden sollte, damit Unterstützungsangebote für Familien mit Jugendlichen – gerade in der so wichtigen Lebensphase des Übergangs von der Schule in die Ausbildung – (noch) passgenauer gestaltet werden können.

 

Vernetzung und Kooperation auf kommunaler Ebene

Elternbefragungen im Rahmen der Umsetzung des „Neuen Übergangssystems“ könnten ein erster Schritt sein, um konkrete Unterstützungsbedarfe als Ansatzpunkte für – weitere – kommunalpolitische Maßnahmen zu identifizieren. Einige solcher Ansatzpunkte lassen sich auch aus den bisherigen Aktivitäten und Erfahrungen aus dem Themenfeld Eltern und Berufsorientierung ableiten (vgl. z.B. Koordinierungsstelle „Regionales Übergangsmanagement Leipzig“ 2010):

Zu empfehlen ist eine koordinierte Ansprache der Eltern über die Schule. Dazu sollte angestrebt werden, in den Kommunen ein einheitliches Material zu entwickeln resp. zu verwenden, das im Idealfall mehrsprachig sein soll.

Es sollten adressatengerechte Informations- und Beratungsangebote im Rahmen der kommunalen Netzwerke regulär vorhanden und bekannt gemacht werden. Dazu sollte auch mit Elternvereinen von MigrantInnen sowie Netzwerken von „Bildungsbeauftragten“, wie sie z.B. im Rahmen von Perspektive Berufsabschluss entwickelt worden sind, zusammengearbeitet werden (http://www.perspektive-berufsabschluss.de/de/706.php).

Unter dem Motto „Kein Abschluss ohne Anschluss – Übergang Schule-Beruf in NRW“ wurde in Nordrhein-Westfalen ein landesweit einheitliches Übergangssystem eingeführt. Schüler sollen damit frühzeitig bei der Berufswahl bzw. beim Einstieg in Ausbildung und Studium unterstützt werden. Allen jungen Menschen soll so ein rascher Übergang ermöglicht und „Warteschleifen“ vermieden werden.

Bei diesem Programm spielen die Kommunen eine zentrale Rolle, da sie über kommunale Koordinierungsstellen die Aktivitäten bündeln. Zu ihrem Aufgabenspektrum gehören unter anderem die Ansprache und Zusammenführung aller relevanten Partner, Herstellung von Transparenz über Nachfrage- und Angebotsseite, das Initiieren von Absprachen sowie Vereinbarungen zwischen den Partnern. Auch die Überprüfung der Wirksamkeit, die Qualitätssicherung und Evaluierung auf lokaler Ebene gehören zu den Aufgaben der kommunalen Koordinierungsstellen. Auf der zugehörigen Projektwebsite werden zudem Informationen und weiterführende Links für Eltern, Unternehmen und Lehrer angeboten. Eltern und Jugendlichen bietet sich dadurch direkte Unterstützung – auch für den Fall, dass der Übergang nicht reibungslos verläuft.

Mittlerweile hat über die Hälfte aller Kommunen in Nordrhein-Westfalen mit der Umsetzung des Prozesses begonnen. Die beteiligten Kommunen werden von der Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH (G.I.B.) fachlich betreut und insbesondere bei der kommunalen Koordinierung unterstützt. Die Einbeziehung der weiteren Kommunen soll bis Ende 2013 erfolgen (www.keinabschlussohneanschluss.nrw.de).

Die vielfältigen Anforderungen für eine gelungene Elternarbeit im Kontext Berufsorientierung und Übergang Schule-Beruf bedarf einer entsprechenden Qualifizierung der Akteure vor Ort, die den unterschiedlichsten Lebenslagen und Beratungs- und Begleitungsbedarfen gerecht werden müssen. Schulen und Gemeindeeinrichtungen benötigen finanzielle und zeitliche Ressourcen für eine begleitende Elternarbeit, die spätestens zusammen mit der schulischen Berufsorientierung der Kinder beginnen sollte.


Literatur


Arbeitskreis Einstieg (2004): Berufswahl in Hamburg. Eine Umfrage unter Hamburger Schülerinnen und Schülern.

Arbeitskreis Einstieg (2006): Berufswahl in Hamburg. Eine Umfrage unter Hamburger Schülern und Schülerinnen. https://www.hamburg.de/contentblob/69016/data/hibb-berufswahl-hamburg.pdf

Albert, Mathias/Hurrelmann, Klaus/Quenzel, Gudrun (2010): Jugend 2010. Shell Jugendstudie. Hamburg.

Beinke, Lothar (2002): Familie und Berufswahl. Bad Honnef.

Beinke, Lothar (2005): Elternhaus, Schule, Betriebe, Berufsberatung und Freundesgruppen: Ein Netzwerk für die richtige Berufswahl. In: Wirtschaft und Berufserziehung 7-8/2005, S. 276-279.

Bertelsmann-Stiftung (2005): Jugend und Beruf. Repräsentativumfrage zur Selbstwahrnehmung der Jugend in Deutschland. Gütersloh. http://www.bertelsmann-stiftung.de/bst/de/media/Studie_Jugend_und_Beruf.pdf

Bundesagentur für Arbeit (2012/2013): Meslek seçiminde destek – Berufswahl begleiten Ausgabe 2012/2013. Nürnberg. http://www.planet-beruf.de/fileadmin/assets/PDF/Hefte/Meslek_seciminde_destek_12_13.pdf

Bundesarbeitsgemeinschaft Schule/Wirtschaft (2013): Checklisten Schülerbetriebspraktikum. Berlin. http://www.schule-wirtschaft-hamburg.de/service/downloads/SCHUWI_Betriebspraktikum_online_120213.pdf

Kreis Dithmarschen (2012): Elternfahrplan Übergang Schule-Beruf. Heide. http://www.perspektive-berufsabschluss.de/downloads/Downloads_Projekte_Uebergangsmanagement/Uebergangsmanagement_Dithmarschen_Flyer_Elternfahrplan_10_2012.pdf 

Landeshauptstadt Stuttgart (Hrsg.) (2011): Zusammenarbeit mit Eltern in der Berufsorientierung. Stuttgart. http://www.stuttgart.de/img/mdb/item/403919/76652.pdf   

Netzwerk Westmünsterland e.V.(2010): Elternratgeber Ausbildung und Ausbildungsabbrüche. Ahaus. http://www.netzwerk-westmuensterland.de/uploads/media/ElternratgeberAufl2.pdf 

Puhlmann, Angelika (2005): Die Rolle der Eltern bei der Berufswahl ihrer Kinder. Bonn. http://www.bibb.de/dokumente/pdf/a24_puhlmann_ElternBerufswahl.pdf 

Puhlmann, Angelika (2011): Berufsorientierung junger Frauen im Wandel. Abschlussbericht. Bonn. https://www2.bibb.de/tools/fodb/pdf/eb_34302.pdf 

Puhlmann, Angelika (2012): Eltern – Partner bei der Berufsorientierung und Berufswahl. In: Talente, Zeitschrift für Bildung, Berufsorientierung und Personalentwicklung. 8, 17, S. 35-37.

Sacher, Werner (2011): Eltern im Berufsorientierungsprozess ihrer Kinder und ihre Einbindung durch Elternarbeit. Bielefeld.
http://www.pedocs.de/volltexte/2012/6545/pdf/Sacher_2011_Eltern_im_Berufsorientierungsprozess_ihrer_Kinder_D_A.pdf 

Taylor, Jeffrey/Harris, Marcia B./Taylor, Susan (2004): Parents Have Their Say..About Their College-Age Children's Career Decisions. National Association of Colleges and Employers, viewed 11 November.

Walter, Beata (2010): Die berufliche Orientierung junger Menschen. Untersuchungen zur Verantwortung von Gesellschaft und Pädagogik. Frankfurt a. M. u. a.


Autorin:

Angelika Puhlmann

Bundesinstitut für Berufsbildung
Wissenschaftliche Mitarbeiterin /stellvertretende Leiterin Arbeitsbereich 3.1 „Übergänge in Ausbildung und Beruf, Berufsorientierung/Berufsorientierungsprogramm“


Erstellungsdatum: 26.08.2013, letzte Aktualisierung am 29.11.2017
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