Familienfreundliche Verwaltung
Familienbüros in Nordrhein-Westfalen
- Familienbüros im Rahmen eines Kommunalen Managements für Familien
- Beispiele für Aufgaben nordrhein-westfälischer Familienbüros
- Verbreitung von Familienbüros in Nordrhein-Westfalen
- Die „strategische Wirkung“ von Familienbüros
- Resümee
Inhaltliche Verantwortlichkeit und strukturelle Nichtzuständigkeit: dieses Begriffspaar kennzeichnet besonders gut eine der grundlegenden Herausforderungen an kommunale Familienpolitik. Für die Lebenssituation und für die Lebensqualität von Familien sind einerseits die Verhältnisse vor Ort entscheidend. Hier entwickeln sich Handlungsoptionen, hier werden aber auch Probleme und Unterstützungsbedarfe von Familien deutlich. Kommunen stehen damit in einer hohen Verantwortung hinsichtlich der Daseinsvorsorge und der Lebenschancen von Familien (Biedenkopf u.a. 2009, BMFSFJ 2009).
Gleichzeitig ist jedoch von einer strukturellen Nichtzuständigkeit der kommunalen Ebene für die Belange der Familien auszugehen. Ein starkes Gewicht der deutschen Familienpolitik liegt - auch im internationalen Vergleich - auf Geldleistungen. Die Zuständigkeit für Kindergeld, Elterngeld, Steuerfreibeträge und andere monetäre Leistungen liegt beim Bund. Auf der Bundesebene werden in der Regel auch Steuerungsmöglichkeiten und Gestaltungskompetenzen verortet. Sie sind im Aufgabenbereich eines Bundesfamilienministeriums gebündelt und werden zum Beispiel durch das „Kompetenzzentrum für familienbezogene Leistungen“ fachlich begleitet. Familienpolitik ist hier also durchaus ein anerkannter, ein expliziter Politikbereich.
Auf der kommunalen Ebene ist Familienpolitik dagegen in weiten Bereichen immer noch eher „implizite“ Politik. Sie findet in der Regel in Fachbereichen und Ämtern statt, die den Begriff „Familie“ in ihrer Bezeichnung nicht tragen. So weisen lediglich 11% der Kommunen den Begriff „Familie“ sowohl auf einer übergeordneten Verwaltungsebene (z.B. Fachbereich, Verwaltungsvorstand) als auch auf der untergeordneten Verwaltungsebene (z.B. Amt) in ihrer Bezeichnung explizit aus (Wunderlich 2010). Auch deshalb fehlen Steuerungs- und Gestaltungsoptionen in der kommunalen Familienpolitik.
Familienpolitik ist außerdem eine typische Querschnittspolitik. In der klassischen Ämterstruktur, aber auch in neu strukturierten Verwaltungen sind immer mehrere Abteilungen bzw. Ämter mit Leistungen für Familien befasst. Dies reicht von den traditionell zuständigen Ämtern wie Jugendamt oder Sozialamt über das Schulamt, das Verkehrsamt, das Personalamt, die Gleichstellungsbeauftragte bis hin zum Wohnungsamt oder Stadtplanungsamt. So sind in einer typischen Kommunalverwaltung leicht 10-15 Verwaltungsbereiche mehr oder weniger für die Belange von Familien zuständig (Bogumil 2007).
Für die Familien ergeben sich aus dieser Situation Unsicherheiten und Zuständigkeitsfragen, Fachleute müssen sich mit vielen Stellen vernetzen und abstimmen. Viele Kommunen gehen diese schwierige Situation mittlerweile an, indem sie eine zentrale Anlaufstelle für Familien und/oder eine kommunale Koordinationsstelle schaffen. Hierfür steht der Begriff des „Familienbüros“. Wie verbreitet sind solche Einrichtungen mittlerweile und welchen Beitrag können sie leisten, um die kommunale Familienpolitik zu stärken? Im Folgenden wird die nordrhein-westfälische Situation genauer betrachtet. Hierfür wurden Daten der aktuellen Studie „Kommunalverwaltung und Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen“ des Zentrums für interdisziplinäre Regionalforschung (Zefir) ausgewertet.
In Nordrhein-Westfalen laufen solche Bemühungen bereits seit einigen Jahren im Konzept eines „Kommunalen Managements für Familien“ zusammen (MGFFI 2007). Hierbei geht es „…um den Aufbau einer umfassenden kommunalen Gesamtstrategie zur Implementierung familienfreundlicher Strukturen, in denen die Kommunalverwaltung vor der Managementaufgabe steht, interne und externe Einflussfaktoren und Bedingungen im Sinne von Familien abzustimmen, umzugestalten und zu optimieren“ (Hensen 2007:117).
Drei Dimensionen eines kommunalen Managements werden unterschieden: Im Zentrum des „normativen Managements“ steht die grundlegende Klärung des Selbstverständnisses der Kommune in Bezug auf die von ihr zu gestaltende Lebenssituation von Familien. Beim „strategischen Management“ geht es um ein auf die formulierten Ziele abgestimmtes Verwaltungshandeln, bei dem anzustrebende familienpolitische Ergebnisse, erforderliche Programme und Ressourcen und die notwendigen Prozesse und Strukturen zu berücksichtigen sind. Im Zentrum des „operativen Managements“ steht die optimale Gestaltung der erforderlichen Abläufe und der binnenstrukturellen Gegebenheiten.
Familienbüros können eine strategische Orientierung der Familienpolitik voran bringen, indem sie zum Beispiel Prozesse der Zielfindung und –festlegung anstoßen und begleiten, Informationsgewinnung und –verbreitung stärken oder Vernetzung und Kooperation initiieren und moderieren. Gleichzeitig können sie auch eine allseits bekannte und verlässliche Anlaufstelle für Familien sein, die nicht nur Informationen sammelt, bereit hält und weiter gibt, sondern auch eine Art „Seismograph“ für die Bedarfe der Familien ist und ihnen durch die Organisation von Beteiligungsprozessen eine Stimme geben kann (vgl. Schwanecke 2009).
Familienbüros können also in einem doppelten Sinne „Anlaufstelle“ sein: für die familienpolitisch tätigen Akteure vor Ort einerseits und für die Familien andererseits. Ob und inwieweit diese Funktionen ausgefüllt und miteinander gekoppelt werden, ist jedoch immer eine Frage der konzeptionellen Ausrichtung und der Prioritätensetzung vor Ort.
Theoretisch können hierbei zwei Typen von Einrichtungen unterschieden werden. Eher strategisch ausgerichtete Familienbüros sehen ihre Aufgabe vor allem in der Gewährleistung von planenden, steuernden und organisatorischen Aktivitäten, während andere sich eher als Anlaufstellen für Familien verstehen und ihre Aufgabe vornehmlich in der Information und Beratung sehen. Faktisch kombinieren die meisten Familienbüros jedoch diese beiden Aufgabentypen – mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten. Drei Beispiele sollen dies veranschaulichen:
Familienbüro „FamoS“ in Wiehl: Anlaufstelle für Familien mit vernetzenden Aufgaben
Das Familienbüro „FamoS“ versteht sich im Sinne der „Familienorientierten Stadt Wiehl“ vor allem als eine erste Anlaufstelle für Familien rund um alle Fragen der Erziehung, Förderung, Betreuung und Freizeitgestaltung. Konkret werden neu zugezogene Familien über vorhandene Angebote informiert, Grundinformationen für Eltern nach der Geburt eines Kindes geboten, Hinweise über kinder-, jugend- und familienorientierte Angebote oder Hilfen bei der Suche nach einem passenden Betreuungsangebot für Kinder geboten, Informationsveranstaltungen durchgeführt, passende Angebote und Ansprechpersonen vermittelt und familienunterstützende Angebote initiiert. Zu den praktischen Angeboten des Familienbüros gehören der Familienpass, ein Baby-Begrüßungs-Service, ein Elternhandbuch und eine Internetplattform. Gleichzeitig versteht sich das Familienbüro aber auch als Netzwerkkoordinator und arbeitet mit vielen Personen/Institutionen zusammen wie zum Beispiel mit den Tageseinrichtungen für Kinder / Familienzentren, mit Schulen, Kinderärztinnen und –ärzten, Gesundheitsamt, (Früh-)Förderstellen, Beratungsstellen, Therapeutinnen und Therapeuten und mit dem Jugendamt.
Familienbüro Oberhausen: strategische Ausrichtung
Auftrag des Oberhausener Familienbüros ist es, mit dafür Sorge zu tragen, dass Oberhausen sich nachhaltig weiter zu einer familienfreundlichen Stadt entwickelt. Neben der Koordinierung der familienpolitischen Aktivitäten im Oberhausener Bündnis gehören die Netzwerkarbeit unter Einbeziehung von Unternehmen sowie die Entwicklung von Projekten im Kontext „Familienfreundlichkeit“ zu den Kernaufgaben des Familienbüros. Diesen Auftrag verfolgt das Familienbüro auf drei Wegen: es informiert, es koordiniert und es initiiert. Darüber hinaus initiiert das Familienbüro die Evaluation von familienpolitischen Maßnahmen und Projekten und entwickelt diese gemeinsam mit anderen Akteuren im Oberhausener Bündnis für Familie weiter. Das Familienbüro versteht sich gleichermaßen als Dienstleister und als Impulsgeber für eine nachhaltige und umfassende Förderung der Familienpolitik in Oberhausen.
Familienbüro Hamm: Koordination und Anlaufstelle
Das Familienbüro in Hamm ist zentrale Anlauf- und Organisationseinheit für Eltern, Fachkräfte und Interessierte und bietet zu allen Fragen der Familienfreundlichkeit und familienbezogenen Leistungen in Hamm Unterstützung. Es ist beim Jugendamt angesiedelt und koordiniert einen Arbeitskreis, der sich aus den familienrelevanten Abteilungen der Stadtverwaltung zusammen setzt. Hier wird ein themenbezogener Austausch unter den Ämtern gepflegt und es werden gemeinsam Ideen für familienfreundliche Projekte entwickelt. Das Familienbüro ist auch Anlaufstelle für Eltern, sozialpädagogische Fachkräfte und alle Interessierten. Es bietet in Zusammenarbeit mit anderen Stellen Informationen zu allen Fragen der Familienfreundlichkeit und familienbezogenen Leistungen in Hamm. Über Elternbefragungen werden Anregungen und Wünsche der Familien aufgegriffen. Das Familienbüro gibt regelmäßig einen Familien-Infobrief heraus und stellt Broschüren zu den bestehenden familienfreundlichen Angeboten zur Verfügung. Es unterstützt darüber hinaus Betriebe bei der Umsetzung von familienfreundlichen Arbeitsbedingungen.

Quelle: Datensatz „Kommunalverwaltung und Familienpolitik in NRW (2010)"
Insgesamt gaben 26 Prozent der Kommunen an, dass eine zentrale Anlaufstelle bzw. ein Familienbüro vorhanden ist, in weiteren 17 Prozent der befragten Kommunen ist ein solches in Planung. Das bedeutet, dass im Falle einer Realisierung aller Planungen in Zukunft höchstwahrscheinlich 43 Prozent der nordrhein-westfälischen Kommunen über eine zentrale Anlaufstelle verfügen werden.

Quelle: Datensatz „Kommunalverwaltung und Familienpolitik in NRW (2010)"
Abbildung 2 zeigt deutliche Unterschiede zwischen den Gebietskörperschaftstypen. In mehr als jeder zweiten kreisfreien Stadt findet man eine zentrale Anlaufstelle für Familien bzw. ein Familienbüro. Kreisangehörige Gemeinden haben dagegen nur zu 22,4 Prozent eine solche Stelle eingerichtet. Auch in den kreisangehörigen Städten und in den Kreisen selbst sind Familienbüros eher die Ausnahme als die Regel. Einschränkend ist hierzu anzumerken: Kreisfreie Städte und Kreise haben sich zwar in ungefähr gleichem Umfang an der Befragung beteiligt wie die kreisangehörigen Kommunen, aufgrund der deutlich geringeren Gesamtzahlen sind die Fallzahlen in der Studie hier jedoch gering. Dies legt eine gewisse Vorsicht bei der Interpretation eines solchen Vergleichs nahe. Bemerkenswert ist jedoch in jedem Fall der verhältnismäßig hohe Anteil von Kommunen, die derzeit die Einrichtung eines Familienbüros planen. Dies spricht dafür, dass die Funktionen einer Anlaufstelle in den nordrhein-westfälischen Städten und Gemeinden offensichtlich zunehmend wichtig werden und dass Familienbüros auf dem Weg sind, zu einem „Standardinstrument“ der kommunalen Familienpolitik zu werden.
Geht man davon aus, dass sich die Kommunen an dieser Befragung unabhängig von dem Vorhandensein eines Familienbüros beteiligt haben, kann auf der Grundlage der Befragungsergebnisse und der bekannten Gesamtzahl von Kommunen in den einzelnen Gebietskörperschaftstypen die Anzahl von Familienbüros bzw. zentralen Anlaufstellen in ganz Nordrhein-Westfalen geschätzt werden.
Dabei würde sich eine Gesamtzahl von insgesamt 105 bereits vorhandenen zentralen Anlaufstellen bzw. Familienbüros in Nordrhein-Westfalen ergeben. Rechnet man die in Planung befindlichen Familienbüros hinzu, so würde sich die Anzahl sogar auf 182 belaufen. In dieser Höhe scheinen die Werte kaum realistisch zu sein. Grundsätzlich kann man jedoch davon ausgehen, dass es deutlich mehr Familienbüros gibt, als bislang bei Internetrecherchen festgestellt wurde. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge hat im Jahr 2008 36 Familienbüros in Nordrhein-Westfalen ausfindig gemacht und auch eigene Recherchen ergaben lediglich eine Anzahl von 38 Familienbüros, die sich auffindbar im Internet präsentieren.
Abbildung 3 zeigt zunächst Unterschiede in der Bedeutung des Themas „Familienpolitik“ zwischen Kommunen mit (geplantem) und ohne Familienbüro. Dort, wo eine zentrale Anlaufstelle vorhanden ist, ist das Thema Familienpolitik laut Auskunft der Befragten Mitarbeiter in der Kommunalverwaltung wichtiger. Dies gilt für die Verwaltung wie für die Politik. Die nur geringen Unterschiede zwischen Kommunen, in denen ein Familienbüro geplant ist und solchen, in denen es bereits vorhanden ist, deuten jedoch darauf hin, das das „Thema“ (und die Auseinandersetzung hierüber) auch dort besonders aktuell ist, wo noch über Konzeption und Ausrichtung eines Familienbüros nachgedacht wird. Hier liegt also der Schluss nahe, dass nicht das Familienbüro selbst die Bedeutung des Themas steuert, sondern eher seine bevorstehende Einrichtung.

Quelle: Datensatz „Kommunalverwaltung und Familienpolitik in NRW (2010)"
In der Verwaltungsstudie wurde nicht nur nach einer zentralen Anlaufstelle bzw. einem Familienbüro gefragt, sondern auch nach weiteren familienpolitischen Instrumenten, die in besonderer Weise die Umsetzung eines kommunalen Managements für Familien ermöglichen. Hierzu gehören vor allem Verwaltungsstrukturen, die dem „Querschnittsthema Familie“ gerecht werden und die Vernetzung und Kooperation innerhalb und außerhalb der Verwaltung erleichtern (z.B Lokales Bündnis für Familie, soziales Frühwarnsystem, Kooperation innerhalb der Verwaltung, mit anderen lokalen Akteuren oder mit anderen Kommunen). Auch Instrumente, die eine Familienpolitik ermöglichen, die nah an den Problemen ist und den Familien Mitsprache ermöglicht (z.B. Beteiligungsmöglichkeiten für Familien an Planungsprozessen, Sozialraumorientierung) oder Fortbildungsmaßnahmen für die Mitarbeitenden gehören hierzu. Schließlich ging es auch um verbindliche und von allen geteilte familienpolitische Ziele wie sie sich zum Beispiel an familienpolitischen Leitbildern oder entsprechenden Aussagen in allgemeinen Leitbildern festmachen lassen.
Ein Vergleich zwischen Kommunen mit und ohne zentrale Anlaufstelle / Familienbüro zeigt recht deutlich: wenn ein Familienbüro vorhanden ist, dann gibt es in den Kommunen auch grundsätzlich mehr strategisch ausgerichtete familienpolitische Instrumente (vgl. Abbildung 4).

Quelle: Datensatz „Kommunalverwaltung und Familienpolitik in NRW (2010)"
Dieser Zusammenhang gilt in besonderem Maße für Familienbeauftragte, für soziale Frühwarnsysteme, für die interkommunale Zusammenarbeit und für die Kooperation mit Akteuren außerhalb der Verwaltung. Aber auch alle anderen abgefragten strategischen Instrumente sind in Kommunen mit Familienbüros eher vorhanden. Dieser Zusammenhang könnte trivialer Natur sein, da vor allem die kreisfreien Städte Familienbüros eingerichtet haben und es dort auch eher Familienbeauftragte gibt. Allerdings bleiben die Unterschiede auch sichtbar, wenn der Gebietskörperschaftstyp kontrolliert wird.
Einiges lässt darauf schließen, dass eine stärkere strategische Aufstellung der Kommunalverwaltung (auch) auf die Aktivitäten der Familienbüros zurückzuführen ist. So gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Kommunen, in denen das Familienbüro bereits eingerichtet worden ist und denjenigen, in denen es sich in Vorbereitung bzw. in Planung befindet. Zwar scheinen auch die Kommunen, die auf dem Weg zum Familienbüro sind, aktiver als andere zu sein, der Unterschied zu den bereits etablierten Familienbüros ist jedoch durchgängig zu erkennen.
Dies kann als Hinweis darauf verstanden werden, dass eine strategische Orientierung in den Kommunen durch die Familienbüros noch weiter forciert wird. Auf jeden Fall ist aber davon auszugehen, dass Familienbüros eher in strategisch orientierten Kommunen zu finden sind bzw. in Planung sind. Wir haben es hier also höchstwahrscheinlich mit einer wechselseitigen „Wirkung“ zu tun.
In Kommunen mit einem bereits arbeitenden Familienbüro gibt es deutlich mehr strategisch ausgerichtete Instrumente als in anderen Kommunen. Dies kann nur zum Teil darauf zurückgeführt werden, dass es sich bei den Städten und Gemeinden mit einer zentralen Anlaufstelle wahrscheinlich auch eher um Kommunen handelt, die grundsätzlich offener für eine explizite und strategisch ausgerichtete kommunale Familienpolitik sind. Unterschiede zu den Kommunen mit geplanten Familienbüros lassen darauf schließen, dass auch die Aktivitäten der Familienbüros selbst die familienpolitische Landschaft verändern und zur Verfestigung einer strategischen Orientierung beitragen.
Literatur:
Biedenkopf, Kurt / Bertram, Hans / Niejahr, Elisabeth 2009: Starke Familien – Solidarität, Subsidiarität und kleine Lebenskreise. Bericht der Kommission „Familie und demographischer Wandel. Stuttgart (Robert Bosch Stiftung)
Bogumil, Jörg (2007): Strategische Ausrichtung der Kommunalverwaltung.
http://www.familie-in-nrw.de/vertiefungstext-organisation-kommunalverwaltung.html, letzter Zugriff am 20.9.2010
BMFSFJ, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.) (2009): Lokale Handlungsfelder nachhaltiger Familienpolitik. Monitor Familienforschung Ausgabe 20, Berlin
Hensen, Gregor (2007): Kommunales Management für Familien (Komma FF) – ein Modellprojekt in NRW. Berlin: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, S.117-123
MGFFI, Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) (2007): Kommunales Management für Familien. Düsseldorf
Schultz, Annett / Strohmeier, Klaus Peter/Wunderlich, Holger (2009): Örtliche Familienpolitik – warum und wie? In: der moderne staat – Zeitschrift für Public Policy, Recht und Management, Heft 1/2009, S. 185-206.
Schwanecke, Ulrich (2009): Kommunale Familienbüros. Recherchebericht zur Situation der Beratungs- und Serviceleistungen für Familien in Kommunen und erste konzeptionelle Eckpunkte zum Ausbau und zur Weiterentwicklung Kommunaler Familienbüros. Berlin: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.
Wunderlich, Holger (2010): Kommunalverwaltung und Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen. Auswertungsbericht. Zefir-Materialien Nr. 1. Bochum: Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung
Autorin:
Angelika Engelbert
Leiterin des Informations- und Qualifizierungszentrums für Kommunen (IQZ) am Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) der Ruhr-Universität Bochum.
Erstellungsdatum: 12.11.2010
Gleichzeitig ist jedoch von einer strukturellen Nichtzuständigkeit der kommunalen Ebene für die Belange der Familien auszugehen. Ein starkes Gewicht der deutschen Familienpolitik liegt - auch im internationalen Vergleich - auf Geldleistungen. Die Zuständigkeit für Kindergeld, Elterngeld, Steuerfreibeträge und andere monetäre Leistungen liegt beim Bund. Auf der Bundesebene werden in der Regel auch Steuerungsmöglichkeiten und Gestaltungskompetenzen verortet. Sie sind im Aufgabenbereich eines Bundesfamilienministeriums gebündelt und werden zum Beispiel durch das „Kompetenzzentrum für familienbezogene Leistungen“ fachlich begleitet. Familienpolitik ist hier also durchaus ein anerkannter, ein expliziter Politikbereich.
Auf der kommunalen Ebene ist Familienpolitik dagegen in weiten Bereichen immer noch eher „implizite“ Politik. Sie findet in der Regel in Fachbereichen und Ämtern statt, die den Begriff „Familie“ in ihrer Bezeichnung nicht tragen. So weisen lediglich 11% der Kommunen den Begriff „Familie“ sowohl auf einer übergeordneten Verwaltungsebene (z.B. Fachbereich, Verwaltungsvorstand) als auch auf der untergeordneten Verwaltungsebene (z.B. Amt) in ihrer Bezeichnung explizit aus (Wunderlich 2010). Auch deshalb fehlen Steuerungs- und Gestaltungsoptionen in der kommunalen Familienpolitik.
Familienpolitik ist außerdem eine typische Querschnittspolitik. In der klassischen Ämterstruktur, aber auch in neu strukturierten Verwaltungen sind immer mehrere Abteilungen bzw. Ämter mit Leistungen für Familien befasst. Dies reicht von den traditionell zuständigen Ämtern wie Jugendamt oder Sozialamt über das Schulamt, das Verkehrsamt, das Personalamt, die Gleichstellungsbeauftragte bis hin zum Wohnungsamt oder Stadtplanungsamt. So sind in einer typischen Kommunalverwaltung leicht 10-15 Verwaltungsbereiche mehr oder weniger für die Belange von Familien zuständig (Bogumil 2007).
Für die Familien ergeben sich aus dieser Situation Unsicherheiten und Zuständigkeitsfragen, Fachleute müssen sich mit vielen Stellen vernetzen und abstimmen. Viele Kommunen gehen diese schwierige Situation mittlerweile an, indem sie eine zentrale Anlaufstelle für Familien und/oder eine kommunale Koordinationsstelle schaffen. Hierfür steht der Begriff des „Familienbüros“. Wie verbreitet sind solche Einrichtungen mittlerweile und welchen Beitrag können sie leisten, um die kommunale Familienpolitik zu stärken? Im Folgenden wird die nordrhein-westfälische Situation genauer betrachtet. Hierfür wurden Daten der aktuellen Studie „Kommunalverwaltung und Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen“ des Zentrums für interdisziplinäre Regionalforschung (Zefir) ausgewertet.
Familienbüros im Rahmen eines Kommunalen Managements für Familien
Kommunale Familienpolitik sollte vor dem Hintergrund der gegebenen Herausforderungen auf eindeutigen und handlungsorientierten Zielvorstellungen basieren, passgenau auf die jeweiligen Bedingungen vor Ort zugeschnitten sein, strategisch vorgehen, klare und verlässliche Strukturen aufbauen und die Familien in einem beteiligungsorientierten Prozess einbeziehen (Schulz / Strohmeier / Wunderlich 2009). Wesentlich sind dabei eine enge Vernetzung und die Kooperation mit allen familienpolitischen Akteuren vor OrtIn Nordrhein-Westfalen laufen solche Bemühungen bereits seit einigen Jahren im Konzept eines „Kommunalen Managements für Familien“ zusammen (MGFFI 2007). Hierbei geht es „…um den Aufbau einer umfassenden kommunalen Gesamtstrategie zur Implementierung familienfreundlicher Strukturen, in denen die Kommunalverwaltung vor der Managementaufgabe steht, interne und externe Einflussfaktoren und Bedingungen im Sinne von Familien abzustimmen, umzugestalten und zu optimieren“ (Hensen 2007:117).
Drei Dimensionen eines kommunalen Managements werden unterschieden: Im Zentrum des „normativen Managements“ steht die grundlegende Klärung des Selbstverständnisses der Kommune in Bezug auf die von ihr zu gestaltende Lebenssituation von Familien. Beim „strategischen Management“ geht es um ein auf die formulierten Ziele abgestimmtes Verwaltungshandeln, bei dem anzustrebende familienpolitische Ergebnisse, erforderliche Programme und Ressourcen und die notwendigen Prozesse und Strukturen zu berücksichtigen sind. Im Zentrum des „operativen Managements“ steht die optimale Gestaltung der erforderlichen Abläufe und der binnenstrukturellen Gegebenheiten.
Familienbüros können eine strategische Orientierung der Familienpolitik voran bringen, indem sie zum Beispiel Prozesse der Zielfindung und –festlegung anstoßen und begleiten, Informationsgewinnung und –verbreitung stärken oder Vernetzung und Kooperation initiieren und moderieren. Gleichzeitig können sie auch eine allseits bekannte und verlässliche Anlaufstelle für Familien sein, die nicht nur Informationen sammelt, bereit hält und weiter gibt, sondern auch eine Art „Seismograph“ für die Bedarfe der Familien ist und ihnen durch die Organisation von Beteiligungsprozessen eine Stimme geben kann (vgl. Schwanecke 2009).
Familienbüros können also in einem doppelten Sinne „Anlaufstelle“ sein: für die familienpolitisch tätigen Akteure vor Ort einerseits und für die Familien andererseits. Ob und inwieweit diese Funktionen ausgefüllt und miteinander gekoppelt werden, ist jedoch immer eine Frage der konzeptionellen Ausrichtung und der Prioritätensetzung vor Ort.
Beispiele für Aufgaben nordrhein-westfälischer Familienbüros
Bereits die bundesweite Studie des Deutschen Vereins (Schwanecke 2009) hat aufzeigen können, dass die Aufgabenstellungen der Familienbüros facettenreich und heterogen sind. Es gibt viele unterschiedliche Formen der Organisation und der konkreten Arbeit von Familienbüros, wobei jedoch auch grundsätzliche Typen ausgemacht werden können. Dies gilt auch für Nordrhein-Westfalen, wenngleich sich hier nicht alle der bundesweit identifizierbaren Organisationsformen von Familienbüros wieder finden lassen. Eine Besonderheit machen hier außerdem die zu Familienzentren erweiterten Kindertagesstätten aus. Sie sollen eine niedrigschwellige und sozialräumlich orientierte Anlaufstelle insbesondere für junge Familien sein. Auf diese Einrichtungen bezieht sich dieser Beitrag jedoch nicht. Vielmehr liegt das Augenmerk auf zentralen Anlaufstellen bzw. Familienbüros.Theoretisch können hierbei zwei Typen von Einrichtungen unterschieden werden. Eher strategisch ausgerichtete Familienbüros sehen ihre Aufgabe vor allem in der Gewährleistung von planenden, steuernden und organisatorischen Aktivitäten, während andere sich eher als Anlaufstellen für Familien verstehen und ihre Aufgabe vornehmlich in der Information und Beratung sehen. Faktisch kombinieren die meisten Familienbüros jedoch diese beiden Aufgabentypen – mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten. Drei Beispiele sollen dies veranschaulichen:
Familienbüro „FamoS“ in Wiehl: Anlaufstelle für Familien mit vernetzenden Aufgaben
Das Familienbüro „FamoS“ versteht sich im Sinne der „Familienorientierten Stadt Wiehl“ vor allem als eine erste Anlaufstelle für Familien rund um alle Fragen der Erziehung, Förderung, Betreuung und Freizeitgestaltung. Konkret werden neu zugezogene Familien über vorhandene Angebote informiert, Grundinformationen für Eltern nach der Geburt eines Kindes geboten, Hinweise über kinder-, jugend- und familienorientierte Angebote oder Hilfen bei der Suche nach einem passenden Betreuungsangebot für Kinder geboten, Informationsveranstaltungen durchgeführt, passende Angebote und Ansprechpersonen vermittelt und familienunterstützende Angebote initiiert. Zu den praktischen Angeboten des Familienbüros gehören der Familienpass, ein Baby-Begrüßungs-Service, ein Elternhandbuch und eine Internetplattform. Gleichzeitig versteht sich das Familienbüro aber auch als Netzwerkkoordinator und arbeitet mit vielen Personen/Institutionen zusammen wie zum Beispiel mit den Tageseinrichtungen für Kinder / Familienzentren, mit Schulen, Kinderärztinnen und –ärzten, Gesundheitsamt, (Früh-)Förderstellen, Beratungsstellen, Therapeutinnen und Therapeuten und mit dem Jugendamt.
Familienbüro Oberhausen: strategische Ausrichtung
Auftrag des Oberhausener Familienbüros ist es, mit dafür Sorge zu tragen, dass Oberhausen sich nachhaltig weiter zu einer familienfreundlichen Stadt entwickelt. Neben der Koordinierung der familienpolitischen Aktivitäten im Oberhausener Bündnis gehören die Netzwerkarbeit unter Einbeziehung von Unternehmen sowie die Entwicklung von Projekten im Kontext „Familienfreundlichkeit“ zu den Kernaufgaben des Familienbüros. Diesen Auftrag verfolgt das Familienbüro auf drei Wegen: es informiert, es koordiniert und es initiiert. Darüber hinaus initiiert das Familienbüro die Evaluation von familienpolitischen Maßnahmen und Projekten und entwickelt diese gemeinsam mit anderen Akteuren im Oberhausener Bündnis für Familie weiter. Das Familienbüro versteht sich gleichermaßen als Dienstleister und als Impulsgeber für eine nachhaltige und umfassende Förderung der Familienpolitik in Oberhausen.
Familienbüro Hamm: Koordination und Anlaufstelle
Das Familienbüro in Hamm ist zentrale Anlauf- und Organisationseinheit für Eltern, Fachkräfte und Interessierte und bietet zu allen Fragen der Familienfreundlichkeit und familienbezogenen Leistungen in Hamm Unterstützung. Es ist beim Jugendamt angesiedelt und koordiniert einen Arbeitskreis, der sich aus den familienrelevanten Abteilungen der Stadtverwaltung zusammen setzt. Hier wird ein themenbezogener Austausch unter den Ämtern gepflegt und es werden gemeinsam Ideen für familienfreundliche Projekte entwickelt. Das Familienbüro ist auch Anlaufstelle für Eltern, sozialpädagogische Fachkräfte und alle Interessierten. Es bietet in Zusammenarbeit mit anderen Stellen Informationen zu allen Fragen der Familienfreundlichkeit und familienbezogenen Leistungen in Hamm. Über Elternbefragungen werden Anregungen und Wünsche der Familien aufgegriffen. Das Familienbüro gibt regelmäßig einen Familien-Infobrief heraus und stellt Broschüren zu den bestehenden familienfreundlichen Angeboten zur Verfügung. Es unterstützt darüber hinaus Betriebe bei der Umsetzung von familienfreundlichen Arbeitsbedingungen.
Verbreitung von Familienbüros in Nordrhein-Westfalen
Das Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) hat Ende 2009 allen Kommunen in Nordrhein-Westfalen einen einheitlichen Fragebogen zum Stand ihrer Familienpolitik zugeschickt. Fast die Hälfte der angeschriebenen Städte, Kreise und Gemeinden (47,3 Prozent) hat sich an dieser Umfrage beteiligt. Die Strukturmerkmale dieser Kommunen entsprechen den Gemeindestrukturen in ganz Nordrhein-Westfalen, so dass hier von repräsentativen Ergebnissen ausgegangen werden kann. Gefragt wurde in dieser Studie auch danach, ob eine „Zentrale Anlaufstelle für Familien in der Verwaltung (Bsp. Familienbüro)“ vorhanden oder aber in Planung ist. Durch die Kombination der Begriffe Anlaufstelle und Familienbüro sollte ein möglichst breites Spektrum unterschiedlicher Organisations- und Konzeptionsmodelle erfasst werden. Abbildung 1 zeigt den Verbreitungsgrad solcher Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen:Abb. 1: Familienbüros in Nordrhein-Westfalen (n=200)

Quelle: Datensatz „Kommunalverwaltung und Familienpolitik in NRW (2010)"
Insgesamt gaben 26 Prozent der Kommunen an, dass eine zentrale Anlaufstelle bzw. ein Familienbüro vorhanden ist, in weiteren 17 Prozent der befragten Kommunen ist ein solches in Planung. Das bedeutet, dass im Falle einer Realisierung aller Planungen in Zukunft höchstwahrscheinlich 43 Prozent der nordrhein-westfälischen Kommunen über eine zentrale Anlaufstelle verfügen werden.
Abb. 2: Familienbüro nach Gebietskörperschaft

Quelle: Datensatz „Kommunalverwaltung und Familienpolitik in NRW (2010)"
Geht man davon aus, dass sich die Kommunen an dieser Befragung unabhängig von dem Vorhandensein eines Familienbüros beteiligt haben, kann auf der Grundlage der Befragungsergebnisse und der bekannten Gesamtzahl von Kommunen in den einzelnen Gebietskörperschaftstypen die Anzahl von Familienbüros bzw. zentralen Anlaufstellen in ganz Nordrhein-Westfalen geschätzt werden.
Dabei würde sich eine Gesamtzahl von insgesamt 105 bereits vorhandenen zentralen Anlaufstellen bzw. Familienbüros in Nordrhein-Westfalen ergeben. Rechnet man die in Planung befindlichen Familienbüros hinzu, so würde sich die Anzahl sogar auf 182 belaufen. In dieser Höhe scheinen die Werte kaum realistisch zu sein. Grundsätzlich kann man jedoch davon ausgehen, dass es deutlich mehr Familienbüros gibt, als bislang bei Internetrecherchen festgestellt wurde. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge hat im Jahr 2008 36 Familienbüros in Nordrhein-Westfalen ausfindig gemacht und auch eigene Recherchen ergaben lediglich eine Anzahl von 38 Familienbüros, die sich auffindbar im Internet präsentieren.
Die „strategische Wirkung“ von Familienbüros
Über die konkreten Aufgaben und vor allem über die strategische Orientierung in den Kommunen mit einem Familienbüro sagen diese Zahlen noch nichts aus, allerdings lassen sich aus den Daten der Zefir-Studie Zusammenhänge zwischen dem Vorhandensein einer zentralen Anlaufstelle und der allgemeinen Bedeutung des Themas Familienpolitik sowie dem Einsatz strategischer Instrumente ermitteln. Auch damit sind allerdings keine Aussagen zur Frage möglich, ob diese Situation denn wirklich auf Aktivitäten der Familienbüros zurück zu führen sind, denn die Einrichtung eines Familienbüros erfolgt auch im Rahmen einer grundsätzlichen strategischen Ausrichtung der Kommune und ist dann eher Ergebnis als Initiator kommunalpolitischer Aktivitäten. Vor allem der Blick auf Unterschiede zwischen der Situation in Kommunen mit vorhandenem oder geplantem Familienbüro ermöglicht aber weitere Rückschlüsse auf den „strategischen Wirkungsgrad“ von Familienbüros.Abbildung 3 zeigt zunächst Unterschiede in der Bedeutung des Themas „Familienpolitik“ zwischen Kommunen mit (geplantem) und ohne Familienbüro. Dort, wo eine zentrale Anlaufstelle vorhanden ist, ist das Thema Familienpolitik laut Auskunft der Befragten Mitarbeiter in der Kommunalverwaltung wichtiger. Dies gilt für die Verwaltung wie für die Politik. Die nur geringen Unterschiede zwischen Kommunen, in denen ein Familienbüro geplant ist und solchen, in denen es bereits vorhanden ist, deuten jedoch darauf hin, das das „Thema“ (und die Auseinandersetzung hierüber) auch dort besonders aktuell ist, wo noch über Konzeption und Ausrichtung eines Familienbüros nachgedacht wird. Hier liegt also der Schluss nahe, dass nicht das Familienbüro selbst die Bedeutung des Themas steuert, sondern eher seine bevorstehende Einrichtung.
Abb. 3: Relevanz des Themas Familienpolitik in Verwaltung und Politik

Quelle: Datensatz „Kommunalverwaltung und Familienpolitik in NRW (2010)"
In der Verwaltungsstudie wurde nicht nur nach einer zentralen Anlaufstelle bzw. einem Familienbüro gefragt, sondern auch nach weiteren familienpolitischen Instrumenten, die in besonderer Weise die Umsetzung eines kommunalen Managements für Familien ermöglichen. Hierzu gehören vor allem Verwaltungsstrukturen, die dem „Querschnittsthema Familie“ gerecht werden und die Vernetzung und Kooperation innerhalb und außerhalb der Verwaltung erleichtern (z.B Lokales Bündnis für Familie, soziales Frühwarnsystem, Kooperation innerhalb der Verwaltung, mit anderen lokalen Akteuren oder mit anderen Kommunen). Auch Instrumente, die eine Familienpolitik ermöglichen, die nah an den Problemen ist und den Familien Mitsprache ermöglicht (z.B. Beteiligungsmöglichkeiten für Familien an Planungsprozessen, Sozialraumorientierung) oder Fortbildungsmaßnahmen für die Mitarbeitenden gehören hierzu. Schließlich ging es auch um verbindliche und von allen geteilte familienpolitische Ziele wie sie sich zum Beispiel an familienpolitischen Leitbildern oder entsprechenden Aussagen in allgemeinen Leitbildern festmachen lassen.
Ein Vergleich zwischen Kommunen mit und ohne zentrale Anlaufstelle / Familienbüro zeigt recht deutlich: wenn ein Familienbüro vorhanden ist, dann gibt es in den Kommunen auch grundsätzlich mehr strategisch ausgerichtete familienpolitische Instrumente (vgl. Abbildung 4).
Abb. 4: Familienbüros und strategische Instrumente

Quelle: Datensatz „Kommunalverwaltung und Familienpolitik in NRW (2010)"
Dieser Zusammenhang gilt in besonderem Maße für Familienbeauftragte, für soziale Frühwarnsysteme, für die interkommunale Zusammenarbeit und für die Kooperation mit Akteuren außerhalb der Verwaltung. Aber auch alle anderen abgefragten strategischen Instrumente sind in Kommunen mit Familienbüros eher vorhanden. Dieser Zusammenhang könnte trivialer Natur sein, da vor allem die kreisfreien Städte Familienbüros eingerichtet haben und es dort auch eher Familienbeauftragte gibt. Allerdings bleiben die Unterschiede auch sichtbar, wenn der Gebietskörperschaftstyp kontrolliert wird.
Einiges lässt darauf schließen, dass eine stärkere strategische Aufstellung der Kommunalverwaltung (auch) auf die Aktivitäten der Familienbüros zurückzuführen ist. So gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Kommunen, in denen das Familienbüro bereits eingerichtet worden ist und denjenigen, in denen es sich in Vorbereitung bzw. in Planung befindet. Zwar scheinen auch die Kommunen, die auf dem Weg zum Familienbüro sind, aktiver als andere zu sein, der Unterschied zu den bereits etablierten Familienbüros ist jedoch durchgängig zu erkennen.
Dies kann als Hinweis darauf verstanden werden, dass eine strategische Orientierung in den Kommunen durch die Familienbüros noch weiter forciert wird. Auf jeden Fall ist aber davon auszugehen, dass Familienbüros eher in strategisch orientierten Kommunen zu finden sind bzw. in Planung sind. Wir haben es hier also höchstwahrscheinlich mit einer wechselseitigen „Wirkung“ zu tun.
Resümee
Familienbüros sind eine Möglichkeit, die Herausforderungen an eine kommunale Familienpolitik zu bewältigen und ein strategisches Management für Familien umzusetzen. Ihre Verbreitung in Nordrhein-Westfalen scheint größer als gemeinhin angenommen – darauf weisen die Ergebnisse einer Befragung der Kommunalverwaltungen in Nordrhein-Westfalen hin. Viele Kommunen planen offensichtlich derzeit, eine zentrale Anlaufstelle bzw. ein Familienbüro einzurichten. Bislang finden sich solche Einrichtungen eher in kreisfreien Städten als in kreisangehörigen Kommunen oder in Kreisen.In Kommunen mit einem bereits arbeitenden Familienbüro gibt es deutlich mehr strategisch ausgerichtete Instrumente als in anderen Kommunen. Dies kann nur zum Teil darauf zurückgeführt werden, dass es sich bei den Städten und Gemeinden mit einer zentralen Anlaufstelle wahrscheinlich auch eher um Kommunen handelt, die grundsätzlich offener für eine explizite und strategisch ausgerichtete kommunale Familienpolitik sind. Unterschiede zu den Kommunen mit geplanten Familienbüros lassen darauf schließen, dass auch die Aktivitäten der Familienbüros selbst die familienpolitische Landschaft verändern und zur Verfestigung einer strategischen Orientierung beitragen.
Literatur:
Biedenkopf, Kurt / Bertram, Hans / Niejahr, Elisabeth 2009: Starke Familien – Solidarität, Subsidiarität und kleine Lebenskreise. Bericht der Kommission „Familie und demographischer Wandel. Stuttgart (Robert Bosch Stiftung)
Bogumil, Jörg (2007): Strategische Ausrichtung der Kommunalverwaltung.

BMFSFJ, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.) (2009): Lokale Handlungsfelder nachhaltiger Familienpolitik. Monitor Familienforschung Ausgabe 20, Berlin
Hensen, Gregor (2007): Kommunales Management für Familien (Komma FF) – ein Modellprojekt in NRW. Berlin: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, S.117-123
MGFFI, Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) (2007): Kommunales Management für Familien. Düsseldorf
Schultz, Annett / Strohmeier, Klaus Peter/Wunderlich, Holger (2009): Örtliche Familienpolitik – warum und wie? In: der moderne staat – Zeitschrift für Public Policy, Recht und Management, Heft 1/2009, S. 185-206.
Schwanecke, Ulrich (2009): Kommunale Familienbüros. Recherchebericht zur Situation der Beratungs- und Serviceleistungen für Familien in Kommunen und erste konzeptionelle Eckpunkte zum Ausbau und zur Weiterentwicklung Kommunaler Familienbüros. Berlin: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.
Wunderlich, Holger (2010): Kommunalverwaltung und Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen. Auswertungsbericht. Zefir-Materialien Nr. 1. Bochum: Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung
Autorin:
Angelika Engelbert
Leiterin des Informations- und Qualifizierungszentrums für Kommunen (IQZ) am Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) der Ruhr-Universität Bochum.
Erstellungsdatum: 12.11.2010