Soziale Netzwerke
Gewinnung und Begleitung von Ehrenamtlichen – ein Gespräch mit Ulrike Hamburg-Krebs
Sie haben im Jahr 2013 in NRW mit 718 Ehrenamtlichen an 48 Standorten zusammengearbeitet. Nach ihren eigenen Angaben ist das fast eine Verzehnfachung innerhalb von 5 Jahren. Wie schaffen Sie es, so viele Ehrenamtliche zu gewinnen?
wellcome wird an den inzwischen 50 Standorten in NRW immer durch einen Jugendhilfeträger mit Erfahrung in der präventiven Arbeit mit Familien umgesetzt. Pädagogische Fachkräfte, die wellcome-Koordinatorinnen, unterstützen die Arbeit vor Ort. Sie sind Ansprechpartnerinnen für die Familien und verantwortlich für die Gewinnung der Ehrenamtlichen. Die Gewinnung von 718 Ehrenamtlichen in NRW ist der Verdienst ihrer engagierten Arbeit vor Ort.
Welche Aufgaben übernehmen die Ehrenamtlichen bei wellcome?
Bei wellcome geht es um die Unterstützung von Familien nach der Geburt. Die Ehrenamtlichen verpflichten sich für eine überschaubare Zeit: Sie unterstützen eine Familie rund zwei bis drei Monate ungefähr zwei Mal in der Woche und können danach neu entscheiden, ob und wann sie eine weitere Familie unterstützen möchten.
Wie alle anderen, die mit Ehrenamtlichen arbeiten, stehen Sie vor zwei Herausforderungen: zum einen müssen Sie neue Ehrenamtliche gewinnen, zum anderen müssen sie die bereits aktiven halten. Gibt es besonders gute Argumente mit denen sich Ehrenamtliche aktivieren lassen?
Die Ehrenamtlichen möchten ihre Freizeit sinnvoll durch Engagement für Kinder und Familien gestalten und einen Beitrag zu einer familienfreundlicheren Gesellschaft leisten. Viele Ehrenamtliche erinnern sich noch gut an die Zeit nach der Geburt ihres Kindes und wissen, wie wohltuend ein wenig Unterstützung sein kann.
Für sehr viele Ehrenamtliche bieten wir aufgrund der Babys in den jungen Familien ein interessantes Engagementfeld. Rund die Hälfte der wellcome-Ehrenamtlichen engagiert sich erstmalig ehrenamtlich. Sie sehen die Wirkung ihrer alltagspraktischen Unterstützung sehr direkt und erhalten viel Dank und Wertschätzung durch die Familien.
wellcome bietet zeitlich befristetes Ehrenamt und erreicht dadurch interessierte Ehrenamtliche, die genau dieses für ihre Lebensphase suchen. Verstärkt stellen wir fest, dass sich jüngere Menschen bei wellcome genau aus diesem Grunde in Übergangszeiten zwischen Schule oder Studium und Beruf engagieren. Die Gewinnung von Ehrenamtlichen ist daher für die wellcome-Koordinatorin eine fortlaufende Aufgabe. Aber es gibt auch eine große Gruppe unter den wellcome-Ehrenamtlichen, die sich schon seit vielen Jahren für wellcome engagieren.
Wie lässt sich denn die Gruppe derjenigen beschreiben, die schon länger dabei sind? Diese Gruppe scheint ja nicht durch die kurzfristige Verpflichtung angelockt zu werden, sondern durch andere Aspekte.
Viele Ehrenamtlichen berichten, dass sie im Rahmen ihres Engagements so viel von den Familien zurückbekommen und die Erfahrungen in unterschiedlichen Familien ihnen persönlich sehr viel bringen. Außerdem schätzen die Ehrenamtlichen, dass sie sehr selbstständig die Art ihrer Unterstützung definieren können, dass sie die Fahrtkosten zu den Familien erstattet bekommen, durch die wellcome-Koordinatorin fachlich begleitet werden und in ein Team von wellcome-Ehrenamtlichen eingebunden sind. Diese Kultur der Wertschätzung und Anerkennung trägt zur Bindung der Ehrenamtlichen an wellcome bei.
Welche Anforderungen stellen Sie an die Ehrenamtlichen und aus welchem Personenkreis setzen Sie sich zusammen?
wellcome-Ehrenamtliche sollten begeistert sein von der Idee, Familien nach der Geburt, ehrenamtlich zu unterstützen. Sie bringen alle Erfahrung im Umgang mit Babys und Kleinkindern mit. Teilweise haben sie diese Erfahrung mit eigenen Kindern, teilweise auch im Beruf sammeln können. Sie sind verantwortungsbewusst und können sich in die Situation von Familien einfühlen. Überwiegend sind es Frauen, die sich bei wellcome engagieren, es gibt aber auch einige Männer.
Die Ehrenamtlichen sind in einem sehr sensiblen Feld tätig. Wie sichern Sie die Qualität der Betreuung?
Die wellcome-Koordinatorin lädt interessierte Ehrenamtliche zu einem persönlichen Kennenlerngespräch ein. Nach diesem Gespräch treffen beide Partner die Entscheidung, ob man sich eine gemeinsame Zusammenarbeit vorstellen kann. Während der Einsätze in den Familien hält die pädagogische Fachkraft regelmäßigen Kontakt zu den Ehrenamtlichen und steht im ständigen Austausch. Darüber hinaus werden durch die wellcome-Koordinatorin in der Regel vierteljährliche Austauschtreffen angeboten. Zudem werden die Ehrenamtlichen bedarfsgerecht kostenlos fortgebildet. Das kann eine Gruppenschulung, aber auch die Teilnahme an Kursen wie z.B. „Erste Hilfe am Kind“ sein.
Gibt es für Familien eine Möglichkeit, Feedback zu geben? Was ist, wenn Familien mit „ihrer“ Ehrenamtlichen unzufrieden sind?
Familien und Ehrenamtliche müssen zusammenpassen. Erfolgreiches „matching“ ist eine wichtige Aufgabe, für die die Koordinatorinnen durch wellcome regelmäßig sensibilisiert werden. Vor dem ersten Einsatz treffen sich Familie und Ehrenamtliche grundsätzlich erst einmal zu einem Kennenlernen und entscheiden danach, ob sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen können.
Während der Einsätze hält die Koordinatorin neben dem Kontakt zu den Ehrenamtlichen auch telefonischen Kontakt zu den Familien und kann so bei auftretenden Schwierigkeiten schnell reagieren und im Einzelfall Familie und Ehrenamtliche austauschen.
Was würden Sie grundsätzlich anderen Initiativen empfehlen, die auf die Arbeit von Ehrenamtlichen angewiesen sind?
Ehrenamtliche lassen sich leichter für eine überschaubare Zeit gewinnen und wollen sich nicht mehr nur für längere Zeiträume verpflichten. Engagementangebote sollten daher in Form von zeitlich begrenzten Projekten erfolgen. Das Ehrenamt sollte in professionelle Strukturen eingebunden und fachlich begleitet werden. In diese fachliche Begleitung muss selbstverständlich eine Kultur der Anerkennung und Wertschätzung integriert werden.
Das Interview führte Joscha Link. Wir danken Ulrike Hamburg-Krebs für das Gespräch.
Foto: © Kzenon – Fotolia.com
Erstellungsdatum: 03.09.2014, letzte Aktualisierung am 03.09.2014
wellcome wird an den inzwischen 50 Standorten in NRW immer durch einen Jugendhilfeträger mit Erfahrung in der präventiven Arbeit mit Familien umgesetzt. Pädagogische Fachkräfte, die wellcome-Koordinatorinnen, unterstützen die Arbeit vor Ort. Sie sind Ansprechpartnerinnen für die Familien und verantwortlich für die Gewinnung der Ehrenamtlichen. Die Gewinnung von 718 Ehrenamtlichen in NRW ist der Verdienst ihrer engagierten Arbeit vor Ort.
Welche Aufgaben übernehmen die Ehrenamtlichen bei wellcome?
Bei wellcome geht es um die Unterstützung von Familien nach der Geburt. Die Ehrenamtlichen verpflichten sich für eine überschaubare Zeit: Sie unterstützen eine Familie rund zwei bis drei Monate ungefähr zwei Mal in der Woche und können danach neu entscheiden, ob und wann sie eine weitere Familie unterstützen möchten.
Wie alle anderen, die mit Ehrenamtlichen arbeiten, stehen Sie vor zwei Herausforderungen: zum einen müssen Sie neue Ehrenamtliche gewinnen, zum anderen müssen sie die bereits aktiven halten. Gibt es besonders gute Argumente mit denen sich Ehrenamtliche aktivieren lassen?
Die Ehrenamtlichen möchten ihre Freizeit sinnvoll durch Engagement für Kinder und Familien gestalten und einen Beitrag zu einer familienfreundlicheren Gesellschaft leisten. Viele Ehrenamtliche erinnern sich noch gut an die Zeit nach der Geburt ihres Kindes und wissen, wie wohltuend ein wenig Unterstützung sein kann.
Für sehr viele Ehrenamtliche bieten wir aufgrund der Babys in den jungen Familien ein interessantes Engagementfeld. Rund die Hälfte der wellcome-Ehrenamtlichen engagiert sich erstmalig ehrenamtlich. Sie sehen die Wirkung ihrer alltagspraktischen Unterstützung sehr direkt und erhalten viel Dank und Wertschätzung durch die Familien.
wellcome bietet zeitlich befristetes Ehrenamt und erreicht dadurch interessierte Ehrenamtliche, die genau dieses für ihre Lebensphase suchen. Verstärkt stellen wir fest, dass sich jüngere Menschen bei wellcome genau aus diesem Grunde in Übergangszeiten zwischen Schule oder Studium und Beruf engagieren. Die Gewinnung von Ehrenamtlichen ist daher für die wellcome-Koordinatorin eine fortlaufende Aufgabe. Aber es gibt auch eine große Gruppe unter den wellcome-Ehrenamtlichen, die sich schon seit vielen Jahren für wellcome engagieren.
Wie lässt sich denn die Gruppe derjenigen beschreiben, die schon länger dabei sind? Diese Gruppe scheint ja nicht durch die kurzfristige Verpflichtung angelockt zu werden, sondern durch andere Aspekte.

- Ulrike Hamburg-Krebs, wellcome-Landeskoordinatorin NRW. Das wellcome-Landesbüro NRW ist in Trägerschaft der efa Evangelische Familienbildung in Düsseldorf.
Welche Anforderungen stellen Sie an die Ehrenamtlichen und aus welchem Personenkreis setzen Sie sich zusammen?
wellcome-Ehrenamtliche sollten begeistert sein von der Idee, Familien nach der Geburt, ehrenamtlich zu unterstützen. Sie bringen alle Erfahrung im Umgang mit Babys und Kleinkindern mit. Teilweise haben sie diese Erfahrung mit eigenen Kindern, teilweise auch im Beruf sammeln können. Sie sind verantwortungsbewusst und können sich in die Situation von Familien einfühlen. Überwiegend sind es Frauen, die sich bei wellcome engagieren, es gibt aber auch einige Männer.
Die Ehrenamtlichen sind in einem sehr sensiblen Feld tätig. Wie sichern Sie die Qualität der Betreuung?
Die wellcome-Koordinatorin lädt interessierte Ehrenamtliche zu einem persönlichen Kennenlerngespräch ein. Nach diesem Gespräch treffen beide Partner die Entscheidung, ob man sich eine gemeinsame Zusammenarbeit vorstellen kann. Während der Einsätze in den Familien hält die pädagogische Fachkraft regelmäßigen Kontakt zu den Ehrenamtlichen und steht im ständigen Austausch. Darüber hinaus werden durch die wellcome-Koordinatorin in der Regel vierteljährliche Austauschtreffen angeboten. Zudem werden die Ehrenamtlichen bedarfsgerecht kostenlos fortgebildet. Das kann eine Gruppenschulung, aber auch die Teilnahme an Kursen wie z.B. „Erste Hilfe am Kind“ sein.
Gibt es für Familien eine Möglichkeit, Feedback zu geben? Was ist, wenn Familien mit „ihrer“ Ehrenamtlichen unzufrieden sind?
Familien und Ehrenamtliche müssen zusammenpassen. Erfolgreiches „matching“ ist eine wichtige Aufgabe, für die die Koordinatorinnen durch wellcome regelmäßig sensibilisiert werden. Vor dem ersten Einsatz treffen sich Familie und Ehrenamtliche grundsätzlich erst einmal zu einem Kennenlernen und entscheiden danach, ob sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen können.
Während der Einsätze hält die Koordinatorin neben dem Kontakt zu den Ehrenamtlichen auch telefonischen Kontakt zu den Familien und kann so bei auftretenden Schwierigkeiten schnell reagieren und im Einzelfall Familie und Ehrenamtliche austauschen.
Was würden Sie grundsätzlich anderen Initiativen empfehlen, die auf die Arbeit von Ehrenamtlichen angewiesen sind?
Ehrenamtliche lassen sich leichter für eine überschaubare Zeit gewinnen und wollen sich nicht mehr nur für längere Zeiträume verpflichten. Engagementangebote sollten daher in Form von zeitlich begrenzten Projekten erfolgen. Das Ehrenamt sollte in professionelle Strukturen eingebunden und fachlich begleitet werden. In diese fachliche Begleitung muss selbstverständlich eine Kultur der Anerkennung und Wertschätzung integriert werden.
Das Interview führte Joscha Link. Wir danken Ulrike Hamburg-Krebs für das Gespräch.
Foto: © Kzenon – Fotolia.com
Erstellungsdatum: 03.09.2014, letzte Aktualisierung am 03.09.2014