Fachkongress 2009
Forum 2: Finanzierung – Modelle und Konzepte
- Modelle haushaltsnaher Dienstleistungen
- Funktionierendes Modell: „Lekker Leven“ oder „Besser leben“
- Diskussion: Vertrauen ist wichtig
- Unternehmen zeigen Interesse
- Spezielle Angebote für Erstnutzer
- Gutscheinmodell befürwortet
Einen inhaltlichen Einstieg in das Thema „Finanzierung, Modelle, Konzepte“ haushaltsnaher Dienstleistungen lieferte Bernhard Litmeyer, Sachgebietsleiter des Bereichs Consumer Facility Management am Institut für Site und Facility Management GmbH (ISFM). Das Institut geht der Frage nach, inwiefern sich Prozesse des „Facility Management“, also die Organisation von Sekundäraufgaben, wie etwa die Wartung und Reinigung in Gebäuden, auf den privaten Kontext in ein „Private Facility Management“ übertragen lassen. In seinem Input-Referat präsentierte Herr Litmeyer Ergebnisse einer Befragung von über 700 Haushalten im Münsterland. Er warb für einen so genannten „Masterplan“ für haushaltsnahe Dienstleistungen – mit dem Kernstück einer landesweiten oder bundesweiten Marketingkampagne zu diesem Thema.
Als offene Frage bleibe, wie auch andere Zielgruppen neben den so genannten „DINKS“ (Double income, no kids“ – Doppeltes Einkommen, keine Kinder) erreicht werden könnten.
Als häufigstes Stichwort fiel „Vertrauen“ in der anschließenden Debatte. Das Werben um solches Vertrauen sei wichtige Aufgabe einer vermittelnden Agentur – und diese Leistung müsse ebenfalls bezahlt werden, nötigenfalls aus öffentlichen Mitteln. Fehlende Finanzierungsmöglichkeiten notwendiger Infrastruktur beklagte auch eine andere Teilnehmerin. Sie berichtete von einer Abrechnungsmöglichkeit von Notfall-Kinderbetreuung über die Krankenkassen, beispielsweise dann, wenn Eltern stationär im Krankenhaus behandelt werden müssen. Von den dann zur Verfügung stehenden 15 Euro je Stunde könne man aber keine versicherungspflichtigen Beschäftigungen schaffen, sondern lediglich Aufträge an „selbständige Studierende“ erteilen. Ein weiteres Problem sei hier: Die Bürodienste, Fahrtzeiten und Ausfälle im Krankheitsfall können aus den Mitteln der Krankenkassen nicht bestritten werden, da diese nur für die Leistung an sich zur Verfügung stünden.
Zum Ende der Diskussion gab es eine von Moderator Stephan Wimmers initiierte Abstimmung über die im In- bzw. Ausland bereits erprobten Subventionsmodelle: Steuerliche Begünstigung kontra Gutschein-System. Die klare Mehrheit der Anwesenden sprach sich für die stärkere Erprobung von Gutscheinsystemen aus, gerade weil davon finanziell schlechter gestellte besonders profitierten. Ein Teilnehmer rechnete vor, die dem Staat dadurch entstehenden Kosten würden durch Einsparungen von Transferleistungen, Mehreinnahmen bei der Mehrwertsteuer und Lohnsteuer reduziert. Es gelte das Ressortdenken zu überwinden und den gesamtgesellschaftlichen Nutzen über politische Ebenen (Kommunen, Land, Bund) hinweg zu betrachten und hier nötigenfalls für Ausgleiche zu sorgen. Mit Blick auf eine mögliche Kampagne zur Förderung haushaltsnaher Dienstleistung machten sich einzelne Teilnehmende auch dafür stark, dies vielleicht zum Thema im Aktionsbündnis für familiengerechte Kommunen zu machen.
Modelle haushaltsnaher Dienstleistungen
Welches Geschäftsmodell ist am besten geeignet für das Angebot haushaltsnaher Dienstleistungen? Herr Litmeyer stellte verschiedene Modelle vor. Die Handwerkskooperation vermittelt Dienstleistungen im Anschluss an vorangegangene handwerkliche Leistungen (z.B. Reinigung und Wartung im Anschluss an bauliche Maßnahmen). Das niederländische Modell Lekker Leven (in Münster unter dem Namen „Besser leben“ erprobt) vermittelt in Kooperation mit Wohnungsbaugesellschaften Dienstleistungen – vornehmlich an Mieterinnen und Mieter. Einen Vertriebsweg in Kooperation mit dem Einzelhandel stellen Auftragsterminals dar, die von Kunden zum Beispiel in Bäckereien oder Supermärkten selbst bedient werden können.
Funktionierendes Modell: „Lekker Leven“ oder „Besser leben“
In seiner Haushaltsbefragung erkennt Herr Litmeyer einen Bedarf insbesondere an Reinigungs-, Betreuungs-, Fahr-, Einkaufs- und diversen Handwerksleistungen. Es gebe auch die Bereitschaft, monatlich einen kleinen Grundbetrag zu leisten, um die Vermittlung solcher Dienstleistungen zu garantieren. Das niederländische Modell „Lekker Leven“ lasse sich insofern auch in Deutschland realisieren. Für Kundinnen und Kunden ist die Agentur ständiger Anlaufpunkt – auch die Rechnung für die Dienstleistung kommt von hier. Dennoch entsteht ein Vertag immer direkt mit dem beauftragten Dienstleistungsbetrieb. In Münster wurde das Modell getestet. Herr Litmeyer nennt als Vorteile geringen Ausfall, hohe Verbindlichkeit und eine Legalisierung der häufig in Schwarzarbeit erbrachten Dienstleistungen. Als Erfahrung berichtete er aber auch, dass hauptsächlich wohlhabende Berufstätige und Personen im Ruhestand haushaltsnahe Dienstleistungen nachfragen. Er sprach sich für die Qualifizierung von Anbietenden und gegen deren Subvention aus, weil bei einem späteren Wegfall der Subventionen ein Nachfrageeinbruch befürchtet werden muss. Wichtiger sei die Förderung der Selbständigkeit durch Schulung in Basiswissen wie zum Beispiel Rechnungsstellung. Solche Unterstützungsangebote – und die Dienstleistungsangebote selbst – müssten dann durch eine möglichst bundesweite Kampagne bekannt gemacht werden.Als offene Frage bleibe, wie auch andere Zielgruppen neben den so genannten „DINKS“ (Double income, no kids“ – Doppeltes Einkommen, keine Kinder) erreicht werden könnten.
Diskussion: Vertrauen ist wichtig
„Wir haben doch auch alle einen Haushalt“ – mit diesem Einstieg in die Diskussion zwang Moderator Dr. Stephan Wimmers, Geschäftsführer der Vereinigung der Industrie- und Handelskammern in Nordrhein-Westfalen e.V., die anwesenden Fachkräfte zu einem Perspektivwechsel und fragte nach Erwartungen an haushaltsnahe Dienstleistungen.
Unternehmen zeigen Interesse
Im Fachforum anwesende Unternehmer stellten eine andere Finanzierungsmöglichkeit haushaltsnaher Dienstleistungen heraus. Solche Angebote an eigene Mitarbeitende seien schließlich ein Argument im Werben um gute Arbeitskräfte. Immer mehr Firmen seien bereit, Betreuungsangebote zu finanzieren, nicht nur für die Kinder von Mitarbeitenden, sondern auch für die Pflege von deren Eltern. Uneinigkeit bestand über die Zuverlässigkeit von Firmen, die solche Angebote für interessierte Unternehmen organisieren. Ein Unternehmer kritisierte, dass ihm in seiner Stadt kein Anbieter bekannt sei, der das zuverlässig leisten könne. Er könne dies nicht selbst organisieren und wolle dafür auch keine 400€-Kräfte beschäftigen.
Spezielle Angebote für Erstnutzer
Diskutiert wurde auch, welche Angebote ein Einstieg in die Nachfrage von haushaltsnahen Dienstleistungen sein könnten. Ein Teilnehmer regte an, dass die Ferienbetreuung für Kinder von berufstätigen Eltern einen optimalen Zugang bieten würde. Auch wurden Modelle diskutiert, die handwerkliche Leistungen, wie die Erstellung eines barrierefreien Badezimmers mit Angeboten der Pflege koppeln. So könnte bei entstehender Pflegebedürftigkeit der Umzug ins Heim durch Angebote „aus einer Hand“ vermieden werden. Eine Teilnehmerin berichtete, solche Modelle bereits zur Anwendung zu bringen. Es wurde zudem angemerkt, dass eine Förderung solcher Dienstleistungen sich für die Gemeinschaft rechnen würde, da die Umsorgung Hochbetagter zu Hause günstiger sei als im Heim. Ein Modell mit Ausbildungseffekt stellte eine andere Teilnehmerin vor: Sie berichtete, dass sich mehrere Familien eine Hauswirtschafts-Auszubildende teilen können, der eine examinierte Hauswirtschafterin zur Seite stehe.
Gutscheinmodell befürwortet
Im Plenum wurde die Frage nach alternativen Finanzierungsmodellen aufgeworfen, die haushaltsnahe Dienstleistungen gerade für diejenigen ermöglichen, die sie am stärksten benötigen, sich diese allerdings am wenigsten leisten könnten. Als mögliches Beispiel wurden hierzu Stiftungsmodelle angesprochen.Zum Ende der Diskussion gab es eine von Moderator Stephan Wimmers initiierte Abstimmung über die im In- bzw. Ausland bereits erprobten Subventionsmodelle: Steuerliche Begünstigung kontra Gutschein-System. Die klare Mehrheit der Anwesenden sprach sich für die stärkere Erprobung von Gutscheinsystemen aus, gerade weil davon finanziell schlechter gestellte besonders profitierten. Ein Teilnehmer rechnete vor, die dem Staat dadurch entstehenden Kosten würden durch Einsparungen von Transferleistungen, Mehreinnahmen bei der Mehrwertsteuer und Lohnsteuer reduziert. Es gelte das Ressortdenken zu überwinden und den gesamtgesellschaftlichen Nutzen über politische Ebenen (Kommunen, Land, Bund) hinweg zu betrachten und hier nötigenfalls für Ausgleiche zu sorgen. Mit Blick auf eine mögliche Kampagne zur Förderung haushaltsnaher Dienstleistung machten sich einzelne Teilnehmende auch dafür stark, dies vielleicht zum Thema im Aktionsbündnis für familiengerechte Kommunen zu machen.