Praxis vor Ort
Beispiel guter Praxis:
Kreis Herford: Schulsozialarbeit im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets
- Ausgangssituation und Ziele des Projekts
- Akteure und Strukturen
- Grundsätze der Arbeit und Umsetzung vor Ort
- Verstetigungsprozess
- Zusätzliche Angebote und Kurse
- Ansprechperson
Ausgangssituation und Ziele des Projekts
Das Thema „Armut“ beschäftigt die Akteure im Kreis Herford auf vielfältige Weise. Mit der Einführung des Bildungs- und Teilhabepakets 2011 sah man eine Chance, sich der Kinderarmut entgegenzustellen und gleichzeitig Mitmach-Angebote zu stärken.Die Inanspruchnahme der Gesetzesleistungen gestaltete sich jedoch schwierig: Viele Berechtigte wussten nicht ausreichend Bescheid, andere wiederum hatten Hemmungen, die Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auf der anderen Seite sahen sich die beteiligten Behörden mit einem „Bürokratiemonster“ konfrontiert. Mithilfe einer zusätzlichen Schulsozialarbeit sollte die Zielgruppe des Bildungs- und Teilhabepakets gezielt und vor allem direkt vor Ort in den jeweiligen Schulen kontaktiert werden. Dabei sollten regionale Schwerpunktsetzungen (so z.B. Schulabsentismus oder Ferienspiele in der Stadt Herford) und örtliche Problembezirke berücksichtigt werden.
Die Initiative wurde dadurch möglich, dass der Bund im Jahr 2011 für eine Laufzeit von drei Jahren eine erhöhte Bundesbeteiligung an den Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II bereitstellte, damit die kreisfreien Städte und Kreise Schulsozialarbeit und Projekte finanzieren können, die den Zugang von Kindern und Jugendlichen zu Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets sicherstellen. Im Kreis Herford profitieren bis zu 11.000 anspruchsberechtigte junge Menschen unter 25 Jahren von dem Einsatz, der zur Sicherstellung ihres soziokulturellen Existenzminimums beiträgt.
„Uns stellte sich zudem die spannende Frage, welche lokalen Handlungsbedarfe nach Etablierung des Bildungspakets bestehen und wie zusätzliche Maßnahmen finanziell dauerhaft gesichert werden können“ so Stephanie Hinz, Leiterin des Amtes Soziale Leistungen. Die Lösung sah man im Aufbau eines kreisweiten Kooperationsverbundes – beteiligen sollten sich die Kommunen, das Jobcenter und weitere Akteure wie zum Beispiel Stiftungen. Mit diesem Verbund sollte das Ziel erreicht werden, weitere Partner zu gewinnen und ergänzende Unterstützungsleistungen für die jungen Menschen einzuwerben.
Akteure und Strukturen

- Team Löhne bei der Öffentlichkeitsarbeit.
Die Umsetzung erfolgt im Umfeld von Schulen und unter Mitwirkung der Schulträger sowie den freien Trägern der Jugendsozialarbeit. „Jugend-, Sozialamt und Jobcenter ziehen an einem Strang und finden gemeinsame Lösungen in Dienstbesprechungen“ so weiter die beiden Abteilungsleiter im Kreissozialamt und Jugendamt, Uwe Nolte und Dietmar Fleer. Die örtlichen Verzeichnisse wurden nach zu beteiligenden Akteuren ausgewertet, sodass die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Akteuren wie Stiftungen und Unternehmen intensiviert werden kann.
Die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter haben gemäß ihrer sozialräumlichen Orientierung eigene Büros oder Sprechzeiten in und an Schulen. In einer Innenstadt wurde überdies ein BuT- Büro eingerichtet, in einer anderen Stadt eine Beratungshotline installiert.
Grundsätze der Arbeit und Umsetzung vor Ort
Mittels Koordination wird eine enge Vernetzung der verschiedenen Angebote der Jugend- und Schulsozialarbeit unter Beachtung der Qualitätsstandards angestrebt. Ramona Kämper, die Projektleiterin dazu: „Doppelstrukturen und Konkurrenzsituationen sind zu vermeiden. Es ist uns wichtig, das Denken in Zuständigkeiten zu überwinden.“Neben der besseren Kooperation zeigt sich auch in der Umsetzung vor Ort eine Besonderheit: Die Schulsozialarbeit im Kreis Herford leistet im Bedarfsfall aufsuchende Hilfe wie Hausbesuche, bietet Unterstützung im Alltag z.B. durch die Begleitung bei Behördengängen und motiviert im Bereich der Freizeit zu Sport, Spiel, Kultur oder Geselligkeit.
Die herausforderungsvolle Kontaktaufnahme mit den betroffenen Familien gelingt in Löhne besonders niedrigschwellig: Das Interesse an Beratungsgesprächen oder Informationsmaterial kann über eine Postkarte mitgeteilt werden. Die Karte enthält zudem eine abtrennbare Visitenkarte zum Behalten. Beworbene Veranstaltungen in der Nachbarschaft, wie etwa das „Schokokussweitwerfen“ auf dem Spielplatz, werden gezielt genutzt, um Eltern fern von Bürokratie anzusprechen. Eine andere Idee hatte ein Bildungswerk und entwickelte das Bildungspaket zum Anfassen: eine kleine Faltschachtel, mit Informationen über die Leistungen des Pakets.
Verstetigungsprozess
Neben der täglichen Arbeit vor Ort gehört auch die Evaluation der einzelnen Tätigkeiten zum Projekt: „Die gewonnenen Praxiskenntnisse der Sozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter werden als wertvoller „Erfahrungsschatz“ genutzt, beschreibt es Jürgen Förster, Jugendamtsleiter der Stadt Löhne, passend. Kritische Feststellungen der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter werden dokumentiert (u.a. durch Online-Befragung, Workshops, Berichte) und lokalen Konzepten zur Vermeidung von Kinderarmut gegenübergestellt. Die sozialraumübergreifenden Handlungsbedarfe werden deutlich. „Über das Bildungs- und Teilhabepaket gibt es beispielsweise Zuschüsse zur Schülerbeförderung, aber junge Leute wollen auch ihre Freunde besuchen oder in den Ferien aktiv sein. Genauso problematisch kann es für Familien sein, den weiterhin erforderlichen Eigenanteil an der Mittagsverpflegung aufzubringen“, erläutert Heidi Pahmeyer, Leiterin der Abteilung Bildung und Sport in der Stadt Herford.
- Team Bünde: hier bleiben einige Schulsozialarbeiterinnen an den Grundschulen.
Beispielsweise wurde in Vlotho mit der Fortbildung zu „Brückenmenschen“ ein mehrtägiges Qualifizierungsseminar durchgeführt. Neben den rechtlichen Grundlagen lernten die Teilnehmenden in den einzelnen Modulen, etwa während eines Rollenspiels, praktische Anregungen zur Ausgestaltung eines Beratungssettings kennen.
Die Bünder Berufscoaches helfen Jugendlichen, Probleme vom Übergang von der Schule ins Berufsleben zu meistern. Die Vorteile solcher Coaches bringt Ingrid Wolff, Jugendamtsleiterin der Stadt Bünde, auf den Punkt: „Sie nehmen die Jugendlichen ein Stück mit, damit sie nicht auf der Strecke bleiben. Auf dem Weg profitieren sie von der eingebrachten Lebens- und Berufserfahrung.“
Die gemeinsame Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern der Kommunen und des Jobcenters verstetigt sich als Beratungskreis, um ein nachhaltiges Unterstützungssystem aufzubauen, das jungen Menschen neue Türen zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gesellschaft öffnet. Der Sozialdezernent des Kreises Herford, Paul Bischof, sagt: „Wir haben das vermeintliche Bürokratiemonster als Chance genutzt und wollen weiter in unsere Sozial- und Bildungslandschaft investieren.“ Vorbildlich ist z.B. die Zusammenarbeit der Herforder Bürgerstiftung mit der Stadt. Ein Fonds hilft, wenn die Finanzierung der Mittagsverpflegung eng für die Familien wird.
Zusätzliche Angebote und Kurse

- Realschülerinnen machen sich „fit“ für die Ausbildung.
- Durch Breakdance-Workshops in OGS- Einrichtungen bauten junge Tanzende ihr Selbstwertgefühl auf, erlebten positive Körperwahrnehmung und ein soziales Miteinander. Das besondere Freizeitangebot wurde auch außerhalb der Schule wahrgenommen.
- Im Planspiel „Fit für das Leben" mit Schülerinnen und Schülern der 9. und 10. Klasse der Haupt- und Förderschule testeten Jugendliche in einer Spielsituation, ob sie den heutigen Ansprüchen der Gesellschaft gewachsen und fit für das selbstständige Leben sind.
- Das Bewerbungstraining „Fit in die Ausbildung - Benimm ist in" für Besuchende der Haupt- und Realschule wurde mit der IHK unternommen und von der Wirtschaftsinitiative OWL gefördert.
- Die „LERNstation on holiday“ in Kooperation mit einer Grundschule bot Kindern mit Lernschwierigkeiten eine viertägige Lernfreizeit.
- Ein Selbstbehauptungskurs im Kindergarten wurde in zwei Kitas veranstaltet. „Schulanfänger" absolvierten im letzten Kindergartenjahr ein Selbstsicherheitstraining.
- Der Ferienschwimmkurs „Schwimm mit" wurde zusammen mit der DLRG arrangiert.
- „TalentCAMPus“ stärkte die Kompetenz bildungsbenachteiligter Jugendlicher im Alter von 13 bis 18 Jahren mit IT-Kenntnissen und vielfältigen kulturellen Angeboten. Das Ferienbildungsprogramm in Kooperation mit der VHS Löhne und der Musikschule wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Ansprechperson
Kreis HerfordRamona Kämper
Soziale Leistungen – Grundsicherung, Elterngeld und zentrale Aufgaben
Bildung und Teilhabe-Projekt – Schulsozialarbeit
Amtshausstr. 3
32051 Herford
Telefon: 05221 13-1133
E-Mail: ramona.kaemper(at)kreis-herford.de