Projekte im Ideenforum
Rege Diskussionen an den moderierten Themeninseln
- Arbeit und Vereinbarkeit
- Bildung und Handlungskompetenzen
- Familiengerechtes Umfeld
- Soziale Netzwerke und Generationenbeziehungen
- Alltagshilfen und Prävention
- Kommunales Management und Lokale Bündnisse für Familie
In den sechs „Themeninseln“ des Fachkongresses fand die Auseinandersetzung mit verschiedenen Aspekten des Themas kommunale Familienpolitik und mit den präsentierten Beispielprojekten des Ideenforums statt. Hier nutzten die Teilnehmenden die Möglichkeit, mit Hilfe fachkundiger Moderation konkrete Fragen an die anwesenden familienpolitischen Fachleute aus den beteiligten Projekten zu richten. Außerdem nutzten sie die Chance, von der Darstellung der Projekte zu lernen, bei Unklarheiten konkret nachzuhaken, mit anderen Interessierten zu diskutieren und nicht zuletzt auch dazu, Arbeitskontakte zu knüpfen und Adressen auszutauschen.
Meist nahmen die Kongressgäste auch an zwei Themeninseln teil. Sie wechselten zur nächsten moderierten Runde, um sich dort einzubringen und auch hier zu erfahren, welche neuen spannenden Ansätze es in anderen Kommunen gibt, um Familien zu unterstützen.
Auch das Projekt Balance von Familie und Arbeitswelt, das ebenfalls von der Bertelsmann Stiftung getragen wird, möchte Öffentlichkeit und Unternehmen für die Herausforderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sensibilisieren. Mit dabei war außerdem „Kreiselchen“, eine Kindertageseinrichtung im Kreishaus im Kreis Lippe.
Im Laufe der Diskussion ging es zum Beispiel um Möglichkeiten der flexiblen Arbeitszeitgestaltung, um die Schaffung von Heimarbeitsplätzen und um grundsätzliche Fragen einer Personalentwicklung, die mögliche biographische Brüche berücksichtigt und hier entsprechende Ausgleiche schafft. Besonderes Interesse galt der finanziellen Beteiligung der Unternehmen an Hilfen zur Vereinbarung von Beruf und Familie.
Konkrete Vorschläge bezogen sich auf die Organisation einer Betreuung durch Tageseltern, auf die Kooperation mit Schulen, damit auch eine Betreuung älterer Kinder gewährleistet ist, auf die Einbeziehung von ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern z.B. als Leihgroßeltern und darauf, dass Kreise und Kommunen mit ihrer familienfreundlichen Ausrichtung als Arbeitgeber eine Vorbildfunktion haben sollten. Allgemein wurde die Meinung vertreten, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht unter Rechtfertigungszwang geraten dürfen, wenn sie Unterstützung durch die Unternehmen nachfragen.
Als Fazit der Diskussionen wurde die enorme Bedeutung einer auf Vereinbarkeit ausgerichteten Unternehmenskultur hervorgehoben, die auch die Sensibilisierung für solidarisches Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter untereinander einschließen muss. Unternehmen müssen auf diese Weise eine Wertschätzung der gesamten Familie signalisieren und nicht nur ihre Arbeitskräfte im Blick haben. Sie sollten individuelle Lösungsansätze entwickeln und sie im Zweifelsfall eher ausprobieren anstatt zu lange über die Probleme zu sprechen.
Als ganz besonders bedeutsam wurde die notwendige Kooperation zwischen Unternehmen und Kommunen hervorgehoben. Von den Kommunen sind Impulse und Hilfestellungen für die örtlichen Unternehmen gefragt. Kommunen und Unternehmen können dann gemeinsam das Identifikationspotential für Familienfreundlichkeit deutlich erhöhen.
Das überregionale Projekt Rucksack, das die Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) mit Hauptsitz in Essen ins Leben gerufen hat, zielt auf die Förderung der Muttersprachenkompetenz und der deutschen Sprache und wendet sich an Eltern sowie an Erzieherinnen und Erzieher. "Rucksack" gibt es derzeit in 51 nordrhein-westfälischen Kommunen.
Eltern und pädagogisches Fachpersonal sind auch die Zielgruppe des Innovationsprojektes Familienbildung in NRW. Durch Broschüren, Leitfäden und die Entwicklung von Elternkompetenzkursen sollen sie gestärkt werden.
Im Fokus der Debatte an der Themeninsel stand die Problematik der Beteiligung und Einbeziehung bildungsferner Familien in Projekte, die Handlungskompetenzen verbessern und Bildung fördern wollen. Oftmals können diese eigentlichen Adressaten der Projekte nur schwer motiviert und erreicht werden.
Als wichtiger Schritt wurde in diesem Zusammenhang die Bereitstellung von Angeboten für Eltern und Kinder „vor Ort“ gesehen. Angebote müssen im sozialen Nahraum der Familien angesiedelt werden, damit Zugänge erleichtert werden. Dabei sollten alle Familienangehörigen als Expertinnen und Experten ihrer Bedürfnisse und ihrer Lebenssituation wahrgenommen und behandelt werden. Als strukturelle Voraussetzung einer solchen Bildungsförderung wird eine zielgerichtete Vernetzung verschiedener relevanter Akteure und Institutionen gesehen. Familienbildungsstätten müssen sich zukünftig daher weiter öffnen und vermehrt Kooperationen (z.B. mit dem Jugendamt oder dem Sozialamt) anstreben.
Die teilnehmenden Fachleute an dieser Themeninsel verwiesen konkret darauf, dass neue Ansätze und Systeme der politischen Unterstützung vor allem eines langen Atems bedürfen, damit Nachhaltigkeit gesichert ist. Für die inhaltliche Ausrichtung wurde deutlich auf einen notwendigen präventiven Charakter der Arbeit hingewiesen, der Gestaltungsoptionen aufgreifen sollte. Auch Beitragsfreiheit für Bildungsangebote und die grundsätzliche Notwendigkeit eines altersgerechten Zuschnitts und einer Einbindung der Eltern waren Themen der Diskussion.
Als große Herausforderung wurde der finanzielle Aspekt der Maßnahmen in der Diskussion herausgestellt. Dabei sind die angesprochenen Probleme keineswegs als einfacher Ruf nach „mehr Geld“ zu verstehen; vielmehr wurde die Notwendigkeit einer Umstrukturierung und einer erhöhten Transparenz der Finanzierungsmöglichkeiten artikuliert. Projekte müssten durch entsprechende innovative Finanzierungsinstrumente und -konzepte gestützt werden. Hierzu gehört z.B. die gezielte Förderung und Umsetzung von Change-Management-Prozessen, eine höhere Transparenz von Finanzierungsmöglichkeiten oder die Flexibilisierung von starren Finanzierungskonzepten.
Das Lokale Bündnis „Bünde stark für Familie“ hat schließlich ein ganzes Paket von Maßnahmen wie etwa eine Neugeborenenbegrüßung, ein Kinderhotel oder ein Wunsch-Oma-Projekt auf den Weg gebracht, um das Umfeld familiengerechter zu gestalten.
Fragen aus dem Kreis der Teilnehmenden zu den Projekten dieser Themeninsel betrafen zum Beispiel die Möglichkeiten der Integration von Familien mit Zuwanderungsgeschichte im Rahmen der familienfreundlichen Angebote im Stadtteil. Ganz allgemein interessierte in dieser Runde die Offenheit der Zugangswege für Familien zu den angebotenen Leistungen. Auch die Frage, wie bei vorgegebenen Kriterien zur Gestaltung eines familienfreundlichen Umfeldes mit Ausnahmen und mit Spielräumen für gewünschte Anpassungen umzugehen sei, beschäftigte die familienpolitischen Fachleute.
Die Runde diskutierte ebenfalls Fragen der Vorgehensweise bei der Einteilung von Sozialräumen und Möglichkeiten einer themenorientierten Arbeit angesichts einer räumlichen Konzentration auf einzelne Stadtteile.
Grundsätzlich wurde hervorgehoben, dass im Rahmen der Planung und Gestaltung eines familiengerechten Umfeldes zwar auf eine gewisse Flexibilität nicht verzichtet werden dürfe, Kriterienkataloge aber sinnvoll seien und nach Möglichkeit verbindlich sein sollten. Im Prozess der Entwicklung und Einrichtung solcher Projekte ist es in jedem Fall wichtig, die Betroffenen frühzeitig einzubinden. Hauptamtliche Koordinatorinnen oder Koordinatoren erfüllen gerade bei relativ breit angelegten Projekten wichtige Funktionen. Sie können für verbindliche Vernetzung sorgen und dadurch Nachhaltigkeit und finanzielle sowie personelle Planungssicherheit gewährleisten. Ehrenamtliche Kräfte sind zwar sehr wichtig, eine Verstetigung der Arbeit kann von ihnen jedoch kaum im gleichen Maße gewährleistet werden.
Der Kreis Siegen-Wittgenstein hat mit seiner Zukunftsinitiative 2020 gemeinsam mit den kreisangehörigen Kommunen die Themen „Leben und Wohnen im Alter“ und „Familie ist Zukunft“ aufgegriffen.
Ein Demenzcafe oder eine Notfallmutter-Initiative sind Bausteine des Lokalen Bündnisses Rietberg, und in Haltern am See arbeiten Handwerksbetriebe aus dem Ort daran mit, Schülerinnen und Schülern Berufsfähigkeit und Berufsinteresse zu vermitteln.
Ein besonderes Interesse derjenigen Fachleute, die sich an dieser Themeninsel versammelt hatten, richtete sich auf die finanzielle Absicherung der vorgestellten Projekte, wobei sich in der Diskussion vor allem die Unterschiedlichkeit möglicher Finanzierungswege herauskristallisierte. So wird z.B. die Halterner Meisterschule durch örtliche Firmen finanziert, die Arbeit des Lokalen Bündnis Rietberg dagegen über den Kreis. Aber auch die Modalitäten der Inanspruchnahme der vorgestellten Projekte beschäftigte die Anwesenden. Fragen bezogen sich etwa auf die Abbrecherquote im Halterner Projekt. Verbesserungsvorschläge richteten sich auf eine stärkere Nutzung der Angebote durch Familien mit Zuwanderungsgeschichte. Möglichen Problemen aufgrund von Fluktuationen der Bevölkerung im Projekt Wohnquartier4 wurde ein Modell „mobiler Dienstleister“ bzw. „kleiner Regionalläden“ gegenüber gestellt, die flexibel auf sich ändernde Bedarfe im Wohnquartier reagieren können.
Alle Teilnehmenden waren sich einig, dass ein qualifiziertes und finanziell abgesichertes Engagement der Kommunen auf jeden Fall langfristig erforderlich ist. Ein weiteres Ergebnis der Diskussion betraf das Thema Nachhaltigkeit. Projekte, die das Miteinander der Generationen fördern wollen, dürften nicht nur kurzfristig und zeitlich begrenzt geplant werden, sondern müssen langfristig, dabei aber durchaus auch flexibel angegangen werden. Übereinstimmung zeigte sich auch hinsichtlich der Bedeutung von freiwillig bzw. ehrenamtlich Tätigen. Ihre Motivation zur Mitarbeit zu erhalten und zu fördern ist ein wichtiges Ziel, ohne dessen Erreichung Nachhaltigkeit nur schwerlich gesichert werden kann.
Die landesweite Initiative Bewegungskindergarten mit dem Pluspunkt Ernährung setzt auf Präventionsmaßnahmen für Erzieherinnen, Erzieher und Eltern zum Thema Ernährung und Bewegung.
Über Koordination, Projektsteuerung und Zusammenarbeit, ergänzt durch Supervision, Fortbildungsangebote und Evaluation wird im Caritasnetzwerk Frühe Hilfen mit Projektsteuerung in Köln (Standorte: Bergisch-Gladbach, Bonn, Euskirchen, Remscheid, Siegburg) ein niedrigschwelliges, sozialraumorientiertes und interdisziplinäres Hilfesystem für Familien mit Kleinkindern in schwierigen Lebenssituationen angeboten.
Auch in der Diskussion an der Themeninsel Alltagshilfen und Prävention richteten sich viele Fragen der Teilnehmenden auf die Akzeptanz der Angebote und auf die Gewährleistung ihrer Inanspruchnahme. So wurde thematisiert, dass Eltern häufig Ängste haben, ihre Schwächen oder Probleme anzusprechen und dass es sehr schwierig sei, Väter an Präventionsmaßnahmen zu beteiligen.
Aus dem Kreis der vorgestellten Projekte, aber auch von den diskutierenden Fachleuten kamen eine ganze Reihe von Anregungen, wie solche und andere Schwierigkeiten umgangen werden könnten. Sie reichten von der einfachen „Umbenennung“ von Angeboten, bei denen z.B. eher der Servicebegriff als der des Kursus oder des Trainings Verwendung finden sollte, über spezielle Angebote für Väter bzw. mit männlichen Beratern bis hin zur Notwendigkeit einer lockeren Gesprächsatmosphäre und aufsuchenden Angeboten in der Wohnung der Eltern. Grundsätzlich sollten die Eltern auch selbst nach Themen gefragt werden, um Zugangsprobleme zu verhindern.
Als Fazit der Diskussion wurde festgehalten: Es ist wichtig, die Akzeptanz von Beratungs- und Unterstützungsangeboten bei Eltern zu erhöhen. Die Inanspruchnahme von Unterstützung soll nicht als Makel oder Defizit, sondern als Selbstverständlichkeit betrachtet werden, wie dies z.B. mittlerweile beim Kindergarten der Fall ist. Daneben sind die Bildung von Netzwerken verschiedener Einrichtungen und der Austausch auf lokaler Ebene von großer Bedeutung. Dafür müssen auch die Einrichtungen selbst sorgen.
Je früher ein Kontakt zu Familien gefunden werden kann, desto besser. Dabei gilt es, Eltern Hemmungen vor einer Inanspruchnahme von Angeboten zu nehmen. Angebote sollten nicht nur akut weiterhelfen, sondern auch die Selbständigkeit der Familien langfristig fördern. Eltern sind die wichtigsten Vorbilder für ihre Kinder. Ihre Einbeziehung und Unterstützung sollte daher eine zentrale Aufgabe von Alltagshilfen und Prävention sein.
Das im Rahmen der Landesinitiative „Familie kommt an. In Nordrhein-Westfalen“ gegründete und im Auftrag des nordrhein-westfälischen Familienministeriums arbeitende Informations- und Qualifizierungszentrum für Kommunen (IQZ) konzentriert sich dabei auf informierende, qualifizierende und vernetzende Leistungen für die Kommunen.
Das Servicebüro der Lokalen Bündnisse für Familie arbeitet bundesweit. Dargestellt wurde der Facettenreichtum der Initiative, die ihren Schwerpunkt aber immer in den Kommunen (bzw. Regionen) setzt: Für den strategischen Ansatz für wirksame Familienpolitik vor Ort.
Um Kommunen Orientierung und Anreiz für eine familiengerechte Entwicklung zu geben, erarbeitet das Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen in einer Entwicklungsgemeinschaft mit der Bertelsmann-Stiftung und der berufundfamilie gGmbH ein Audit familiengerechte Kommunen, das sich ebenfalls in diesem Themenfeld präsentierte.
Die Diskussionen an der Themeninsel Kommunales Management und Lokale Bündnisse für Familie fokussierten insbesondere die Themen Beteiligung, Vernetzung, Einbeziehung von Wirtschaftspartnern und Leitbildfindung. Hervorgehoben wurde in diesem Zusammenhang zum Beispiel, dass eine aktive Beteiligung immer die „Betroffenheit“ der Menschen und Familien voraussetzt. Wichtig ist es daher, in den Sozialräumen „Begegnungsstätten vor Ort“ zu schaffen. Dies gilt insbesondere (aber nicht nur!) für Großstädte.
Um politische Verbindlichkeit und Nachhaltigkeit zu erreichen, so ein weiteres Fazit der Diskussion, müssen die Politik und insbesondere die Leitungsebene einbezogen werden. Eine intensive gemeinsame Analyse der Ist-Situation und das Setzen konkreter Zielvereinbarungen sollten folgen. Um Bündnisse dauerhaft zu gestalten, müssen Akteure aus vielen verschiedenen Bereichen eingebunden und in ihren Belangen und Themen berücksichtigt werden.
Die Vernetzung der Verwaltung wurde als notwendiger erster Schritt von Lokalen Bündnissen für Familie, aber auch von erfolgreicher kommunaler Familienpolitik insgesamt betont. Wo ein solcher Bewusstseinswandel (noch) nicht stattgefunden hat, ist die Unterstützung durch „Fachleute von Außen“ hilfreich. Auch der Vernetzung zwischen den Kommunen wird eine zentrale Bedeutung beigemessen, da diese letztendlich auch die Vernetzung innerhalb einer Kommune stärkt.
Probleme wurden insbesondere darin gesehen, Wirtschaftspartner zu beteiligen. Als mögliche Lösungsansätze werden im Verlauf der Diskussion z.B. genannt: Workshops, zu denen Unternehmen eingeladen und damit früh in das Bündnis einbezogen werden, gezielte Ansprache der Wirtschaftsverbände sowie ihre Einbeziehung in den Sprecherrat des Bündnisses.
Unabdingbar sind die klare Festlegung von Zielen und die Entwicklung eines Leitbildes, und zwar zu Beginn des Prozesses. Als möglicher Kreis zur Entwicklung eines Leitbildes der Kommune werden „interfraktionelle Arbeitsgruppen“ vorgeschlagen.
Die Festlegung von Zielen erfordert allerdings Wissen über die Situation der Familien und über mögliche Probleme vor Ort, was das „Sammeln und Sortieren“ von Informationen und Daten (beispielsweise durch die Erstellung eines Sozial- oder Familienberichtes) erforderlich macht. Erst im Anschluss daran können Richtung und Ziele von Familienpolitik bzw. Lokalen Bündnissen für Familie festgelegt werden.
In einem nächsten Schritt müssen sich die Beteiligten mit der Frage der Zielumsetzung bzw. Zielerreichung auseinandersetzen. Wichtig ist schließlich, dass Bündnisse „nicht einfach nur aktionsorientiert einsteigen“, da es sonst unweigerlich Probleme der Strukturfindung (und damit auch der Findung von klaren Leitbildern und Zielen) geben wird.
Meist nahmen die Kongressgäste auch an zwei Themeninseln teil. Sie wechselten zur nächsten moderierten Runde, um sich dort einzubringen und auch hier zu erfahren, welche neuen spannenden Ansätze es in anderen Kommunen gibt, um Familien zu unterstützen.
Arbeit und Vereinbarkeit
In der Themeninsel Arbeit und Vereinbarkeit präsentierten sich schwerpunktmäßig Initiativen, deren Arbeit sich auf mehrere Kommunen bezieht, wie etwa der Verbund für Unternehmen & Familie im mittleren Ruhrgebiet (Pilotprojekte mit Unternehmen aus Bochum, Castrop-Rauxel, Herne, Lüdinghausen und Oberhausen) oder das Netzwerk Familie-Arbeit-Mittelstand (FAMM) im Münsterland (Kreise Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf), die beide die besondere Situation von Klein- und Mittelunternehmen im Blick haben. Zur Themeninsel gehörte auch die berufundfamilie gGmbH, die bundesweit arbeitet und für das gleichnamige Audit verantwortlich zeichnet. Das Lokale Bündnis für Familie aus dem Kreis Gütersloh, dessen Träger die Bertelsmann Stiftung und der Kreis Gütersloh sind, hat sich in seiner Arbeit auf die Gestaltung einer familienfreundlicheren Arbeitswelt konzentriert.Auch das Projekt Balance von Familie und Arbeitswelt, das ebenfalls von der Bertelsmann Stiftung getragen wird, möchte Öffentlichkeit und Unternehmen für die Herausforderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sensibilisieren. Mit dabei war außerdem „Kreiselchen“, eine Kindertageseinrichtung im Kreishaus im Kreis Lippe.

Konkrete Vorschläge bezogen sich auf die Organisation einer Betreuung durch Tageseltern, auf die Kooperation mit Schulen, damit auch eine Betreuung älterer Kinder gewährleistet ist, auf die Einbeziehung von ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern z.B. als Leihgroßeltern und darauf, dass Kreise und Kommunen mit ihrer familienfreundlichen Ausrichtung als Arbeitgeber eine Vorbildfunktion haben sollten. Allgemein wurde die Meinung vertreten, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht unter Rechtfertigungszwang geraten dürfen, wenn sie Unterstützung durch die Unternehmen nachfragen.

Als ganz besonders bedeutsam wurde die notwendige Kooperation zwischen Unternehmen und Kommunen hervorgehoben. Von den Kommunen sind Impulse und Hilfestellungen für die örtlichen Unternehmen gefragt. Kommunen und Unternehmen können dann gemeinsam das Identifikationspotential für Familienfreundlichkeit deutlich erhöhen.
Bildung und Handlungskompetenzen
Die Stärkung von Bildung und Handlungskompetenzen von Eltern, Kindern und Jugendlichen ist Ziel der Projekte, die in einer weiteren Themeninsel versammelt waren. Sie bezogen sich auf die jüngeren Kinder, wie etwa im Familienzentrum Villa Kunterbunt in Essen, das u.a. beratende, stadtteilorientierte und gesundheitsfördernde Angebote vorhält – oder auf Jugendliche im Übergang von der Schule zum Beruf, denen vom Bielefelder Jugendhaus präventive und passgenaue Leistungen zur Verfügung gestellt werden.Das überregionale Projekt Rucksack, das die Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) mit Hauptsitz in Essen ins Leben gerufen hat, zielt auf die Förderung der Muttersprachenkompetenz und der deutschen Sprache und wendet sich an Eltern sowie an Erzieherinnen und Erzieher. "Rucksack" gibt es derzeit in 51 nordrhein-westfälischen Kommunen.
Eltern und pädagogisches Fachpersonal sind auch die Zielgruppe des Innovationsprojektes Familienbildung in NRW. Durch Broschüren, Leitfäden und die Entwicklung von Elternkompetenzkursen sollen sie gestärkt werden.
Im Fokus der Debatte an der Themeninsel stand die Problematik der Beteiligung und Einbeziehung bildungsferner Familien in Projekte, die Handlungskompetenzen verbessern und Bildung fördern wollen. Oftmals können diese eigentlichen Adressaten der Projekte nur schwer motiviert und erreicht werden.

Die teilnehmenden Fachleute an dieser Themeninsel verwiesen konkret darauf, dass neue Ansätze und Systeme der politischen Unterstützung vor allem eines langen Atems bedürfen, damit Nachhaltigkeit gesichert ist. Für die inhaltliche Ausrichtung wurde deutlich auf einen notwendigen präventiven Charakter der Arbeit hingewiesen, der Gestaltungsoptionen aufgreifen sollte. Auch Beitragsfreiheit für Bildungsangebote und die grundsätzliche Notwendigkeit eines altersgerechten Zuschnitts und einer Einbindung der Eltern waren Themen der Diskussion.

Familiengerechtes Umfeld
Unterschiedliche Wege hin zu einem familiengerechten Umfeld haben die Projekte der Themeninsel Familiengerechtes Umfeld beschritten. In der Stadt Aachen wurde u.a. ein Kriterienkatalog für einen kinder- und familienfreundlichen Städtebau entwickelt, in Monheim gibt es eine ganze Reihe von niedrigschwelligen Angeboten zur Stärkung des sozialen Umfeldes, und in Düren kooperieren Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Stadt im Rahmen einer sozialraumorientierten Arbeit miteinander.
Fragen aus dem Kreis der Teilnehmenden zu den Projekten dieser Themeninsel betrafen zum Beispiel die Möglichkeiten der Integration von Familien mit Zuwanderungsgeschichte im Rahmen der familienfreundlichen Angebote im Stadtteil. Ganz allgemein interessierte in dieser Runde die Offenheit der Zugangswege für Familien zu den angebotenen Leistungen. Auch die Frage, wie bei vorgegebenen Kriterien zur Gestaltung eines familienfreundlichen Umfeldes mit Ausnahmen und mit Spielräumen für gewünschte Anpassungen umzugehen sei, beschäftigte die familienpolitischen Fachleute.
Die Runde diskutierte ebenfalls Fragen der Vorgehensweise bei der Einteilung von Sozialräumen und Möglichkeiten einer themenorientierten Arbeit angesichts einer räumlichen Konzentration auf einzelne Stadtteile.

Soziale Netzwerke und Generationenbeziehungen
Die Förderung und Stärkung von sozialen Netzen und Generationenbeziehungen stand im Vordergrund der Projekte, die sich in der gleichnamigen Themeninsel vorgestellt haben. Hierbei ging es zum Beispiel um eine altersgerechte Quartiersgestaltung, aber auch um die Berücksichtigung der Belange aller Altersgruppen, wie sie im Projekt Wohnquartier4 mit den Pilotstandorten Essen-Altenessen und Remscheid-Hohenhagen angestrebt werden.Der Kreis Siegen-Wittgenstein hat mit seiner Zukunftsinitiative 2020 gemeinsam mit den kreisangehörigen Kommunen die Themen „Leben und Wohnen im Alter“ und „Familie ist Zukunft“ aufgegriffen.
Ein Demenzcafe oder eine Notfallmutter-Initiative sind Bausteine des Lokalen Bündnisses Rietberg, und in Haltern am See arbeiten Handwerksbetriebe aus dem Ort daran mit, Schülerinnen und Schülern Berufsfähigkeit und Berufsinteresse zu vermitteln.


Alltagshilfen und Prävention
Die präventive Orientierung war gemeinsames Merkmal der Projekte im Themenfeld Alltagshilfen und Prävention. Dies wird in Gelsenkirchen mit einer breiten Palette von frühzeitigen, bedarfsgerechten und wohnortnahen Maßnahmen mit Schwerpunkt auf der ersten Familienphase angegangen. In Essen-Frohnhausen kombiniert das Familienzentrum St. Augustinus das Angebot von Betreuungsplätzen in einem benachteiligten Stadtteil mit der Pflicht zu aktiver Mitarbeit der Eltern und der Aufforderung zur Teilnahme an regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen eines Elterntrainings.Die landesweite Initiative Bewegungskindergarten mit dem Pluspunkt Ernährung setzt auf Präventionsmaßnahmen für Erzieherinnen, Erzieher und Eltern zum Thema Ernährung und Bewegung.

Auch in der Diskussion an der Themeninsel Alltagshilfen und Prävention richteten sich viele Fragen der Teilnehmenden auf die Akzeptanz der Angebote und auf die Gewährleistung ihrer Inanspruchnahme. So wurde thematisiert, dass Eltern häufig Ängste haben, ihre Schwächen oder Probleme anzusprechen und dass es sehr schwierig sei, Väter an Präventionsmaßnahmen zu beteiligen.
Aus dem Kreis der vorgestellten Projekte, aber auch von den diskutierenden Fachleuten kamen eine ganze Reihe von Anregungen, wie solche und andere Schwierigkeiten umgangen werden könnten. Sie reichten von der einfachen „Umbenennung“ von Angeboten, bei denen z.B. eher der Servicebegriff als der des Kursus oder des Trainings Verwendung finden sollte, über spezielle Angebote für Väter bzw. mit männlichen Beratern bis hin zur Notwendigkeit einer lockeren Gesprächsatmosphäre und aufsuchenden Angeboten in der Wohnung der Eltern. Grundsätzlich sollten die Eltern auch selbst nach Themen gefragt werden, um Zugangsprobleme zu verhindern.

Je früher ein Kontakt zu Familien gefunden werden kann, desto besser. Dabei gilt es, Eltern Hemmungen vor einer Inanspruchnahme von Angeboten zu nehmen. Angebote sollten nicht nur akut weiterhelfen, sondern auch die Selbständigkeit der Familien langfristig fördern. Eltern sind die wichtigsten Vorbilder für ihre Kinder. Ihre Einbeziehung und Unterstützung sollte daher eine zentrale Aufgabe von Alltagshilfen und Prävention sein.
Kommunales Management und Lokale Bündnisse für Familie
Die Initiativen, die sich in dieser Themeninsel präsentiert haben, sind überregional aktiv und zielen auf die Unterstützung der kommunalen Familienpolitik in ganz Nordrhein-Westfalen. Ihr Anliegen ist u.a. die Stärkung der Vernetzung der kommunalen familienpolitischen Akteure.Das im Rahmen der Landesinitiative „Familie kommt an. In Nordrhein-Westfalen“ gegründete und im Auftrag des nordrhein-westfälischen Familienministeriums arbeitende Informations- und Qualifizierungszentrum für Kommunen (IQZ) konzentriert sich dabei auf informierende, qualifizierende und vernetzende Leistungen für die Kommunen.
Das Servicebüro der Lokalen Bündnisse für Familie arbeitet bundesweit. Dargestellt wurde der Facettenreichtum der Initiative, die ihren Schwerpunkt aber immer in den Kommunen (bzw. Regionen) setzt: Für den strategischen Ansatz für wirksame Familienpolitik vor Ort.
Um Kommunen Orientierung und Anreiz für eine familiengerechte Entwicklung zu geben, erarbeitet das Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen in einer Entwicklungsgemeinschaft mit der Bertelsmann-Stiftung und der berufundfamilie gGmbH ein Audit familiengerechte Kommunen, das sich ebenfalls in diesem Themenfeld präsentierte.

Um politische Verbindlichkeit und Nachhaltigkeit zu erreichen, so ein weiteres Fazit der Diskussion, müssen die Politik und insbesondere die Leitungsebene einbezogen werden. Eine intensive gemeinsame Analyse der Ist-Situation und das Setzen konkreter Zielvereinbarungen sollten folgen. Um Bündnisse dauerhaft zu gestalten, müssen Akteure aus vielen verschiedenen Bereichen eingebunden und in ihren Belangen und Themen berücksichtigt werden.
Die Vernetzung der Verwaltung wurde als notwendiger erster Schritt von Lokalen Bündnissen für Familie, aber auch von erfolgreicher kommunaler Familienpolitik insgesamt betont. Wo ein solcher Bewusstseinswandel (noch) nicht stattgefunden hat, ist die Unterstützung durch „Fachleute von Außen“ hilfreich. Auch der Vernetzung zwischen den Kommunen wird eine zentrale Bedeutung beigemessen, da diese letztendlich auch die Vernetzung innerhalb einer Kommune stärkt.

Unabdingbar sind die klare Festlegung von Zielen und die Entwicklung eines Leitbildes, und zwar zu Beginn des Prozesses. Als möglicher Kreis zur Entwicklung eines Leitbildes der Kommune werden „interfraktionelle Arbeitsgruppen“ vorgeschlagen.
Die Festlegung von Zielen erfordert allerdings Wissen über die Situation der Familien und über mögliche Probleme vor Ort, was das „Sammeln und Sortieren“ von Informationen und Daten (beispielsweise durch die Erstellung eines Sozial- oder Familienberichtes) erforderlich macht. Erst im Anschluss daran können Richtung und Ziele von Familienpolitik bzw. Lokalen Bündnissen für Familie festgelegt werden.
In einem nächsten Schritt müssen sich die Beteiligten mit der Frage der Zielumsetzung bzw. Zielerreichung auseinandersetzen. Wichtig ist schließlich, dass Bündnisse „nicht einfach nur aktionsorientiert einsteigen“, da es sonst unweigerlich Probleme der Strukturfindung (und damit auch der Findung von klaren Leitbildern und Zielen) geben wird.