Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen

Werkstattreihe

"Kommunale Familienberichterstattung – Ergebnisse zu Familien mit Zuwanderungsgeschichte im Vergleich" (Mülheim)

Beatrix Schwarze (IQZ) fasst die Ergebnisse der Rückmeldungen zusammen
"Kommunale Familienberichterstattung - Ergebnisse zu Familien mit Zuwanderungsgeschichte im Vergleich" lautete der Titel eines Workshops am 13. Oktober 2008 in Mülheim an der Ruhr. Er wurde gemeinsam durchgeführt vom IQZ und der Faktor Familie GmbH im Rahmen der Werkstattreihe der Landesinitiative "Familie kommt an. In Nordrhein-Westfalen“.
Auf der Grundlage valider Daten aus der Familienberichterstattung in fünfzehn Kommunen konnte erstmals eine Bestandsaufnahme der Lage von Familien mit Zuwanderungsgeschichte, insbesondere von deren sozialer Situation und Wohnsituation, vorgelegt werden. Fachleute aus den beteiligten Kommunen, in denen die Familien befragt wurden, tauschten sich aus. Dagmar Mühlenfeld, Oberbürgermeisterin der Stadt Mülheim, eröffnete die Veranstaltung. Die Stadt Mülheim hat die Veranstaltung organisatorisch und finanziell unterstützt.

Eva-Marie Frings, ehemalige Ministerialrätin im nordrhein-westfälischen Familienministerium, verwies auf die Bedeutung der Familienberichterstattung für das kommunale Management: "Für uns als Landesregierung war immer wichtig, dass die Daten nicht Selbstzweck bleiben, sondern dass sie die Grundlage eines strategischen Managements sein müssen, das sich die Verbesserung von Lebensumfeld und Lebenssituation von Familien zum Ziel setzt", erklärte die für kommunale Familienpolitik zuständige Referatsleiterin. In den an der Datenauswertung beteiligten Kommunen sei dies hervorragend gelungen.

Eva-Marie Frings verwies darauf, dass die Landesregierung bereits vieles angestoßen habe, was nun bei den Familien vor Ort, in den Kommunen ankommen müsse. Beispielhaft nannte sie den Ausbau der U-3 Betreuung, die Sprachförderung, die Einrichtung von Familienzentren, die Ganztagsoffensive, das Gesundheitspräventionskonzept sowie die Sozialen Frühwarnsysteme. Viele dieser Angebote kämen zwar bei den meisten, aber längst nicht bei allen Familien an. Gerade bei Familien mit Zuwanderungshintergrund gebe es noch erheblichen Handlungsbedarf.

"Zuwanderung und Integration sind keine Randthemen, sondern sie berühren die Mitte unserer Gesellschaft und die Frage, wie wir künftig gedeihlich zusammenleben können", meinte die damalige Ministerialrätin. Auch im Bereich der Integrationspolitik habe das nordrhein-westfälische Familienministerium starke Akzente gesetzt, um die Kommunen zu unterstützen. Dazu gehörten u.a. das Programm KOMM-IN NRW - Innovation in der kommunalen Familienpolitik, das Kommunen dabei zur Seite steht, Integrationsprozesse zu optimieren, sowie das regelmäßige Integrationsmonitoring, das mit dem Integrationsbericht begonnen wurde und erstmals ein differenziertes Bild von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zeigt.

v.l.: Dagmar Mühlenfeld (Oberbürgermeisterin der Stadt Mülheim), Eva-Marie Frings (Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration), Holger Wunderlich (Faktor Familie GmbH), Prof. Dr. Peter Strohmeier (ZEFIR), Dr. Angelika Engelbert (IQZ
v.l.: Dagmar Mühlenfeld (Oberbürgermeisterin der Stadt Mülheim), Eva-Marie Frings (nordrhein-westfälisches Familienministerium), Holger Wunderlich (Faktor Familie GmbH), Prof. Dr. Peter Strohmeier (ZEFIR), Dr. Angelika Engelbert (IQZ)Zwei Schwerpunktthemen wurden im Workshop behandelt und in den Arbeitsgruppen präsentiert.Holger Wunderlich (Faktor Familie GmbH) berichtete über die soziale Lage von Familien mit Zuwanderungsgeschichte und den Einfluss auf die Bildungsbeteiligung der Kinder. Die wichtigsten Ergebnisse seines Vortrags:
  • Familien mit Zuwanderungsgeschichte gehören überdurchschnittlich häufig zur (größer werdenden) Gruppe sozial benachteiligter Familien. Sie haben überdurchschnittlich häufig einen niedrigen Bildungsstand, arbeiten oft in einer niedrigen beruflichen Stellung und haben meist ein niedriges Einkommen (trotz Arbeit).
  • DIE Familie mit Zuwanderungsgeschichte gibt es nicht! Wenn über Familien mit Zuwanderungsgeschichte gesprochen wird, gilt es, das Herkunftsland und den Wohnort zu berücksichtigen!
  • Das bloße Vorhandensein eines Zuwanderungshintergrundes hat keinen bzw. nicht den erwarteten Einfluss auf die Bildungsbeteiligung der Kinder. Sie fällt in Familien mit Zuwanderungsgeschichte eher besser aus als in anderen Familien.
Die Teilnehmenden bestätigten diese Ergebnisse aufgrund der eigenen Wahrnehmung und hatten die Einschätzung, dass die Familienpolitik in den Kommunen kaum vernetzt bzw. nicht hieran orientiert sei. Wichtig hierfür seien vor allem eine querschnittsorientierte, strategische Ausrichtung sowie eine integrierte Bildungspolitik. Konkrete, auf die Lebenssituation der Familien bezogene Projekte wurden als vorteilhaft für eine Beteiligung aller, also auch der Familien mit Zuwanderungsgeschichte hervorgehoben. Grundsätzlich wurde eine deutlich stärkere Sozialraumorientierung empfohlen.

Beatrix Schwarze (IQZ) fasst die Ergebnisse der Rückmeldungen zusammen
Beatrix Schwarze (IQZ) fasst die Ergebnisse der Rückmeldungen zusammenAnnett Schultz (Faktor Familie GmbH) befasste sich in ihrem Vortrag mit der Wohnsituation, dem Wohnumfeld und Aspekten der Segregation. Zentrale Aussagen ihrer Präsentation waren:
  • Die Wohnsituation von Familien mit Zuwanderungsgeschichte ist im Durchschnitt schlechter als die anderer Familien. Sie wohnen in engeren, vergleichsweise teureren Wohnungen und zahlen anteilig am Haushaltseinkommen deutlich höhere Mieten.
  • Familien mit Zuwanderungsgeschichte sind am Wohnungsmarkt benachteiligt.
  • Das Wohnumfeld wird trotz der vergleichsweise schlechteren Wohnsituation von Familien mit Zuwanderungsgeschichte besser bewertet als von Familien ohne Zuwanderungsgeschichte.
  • Wohnumfeldkomponenten sind für den Lebensalltag von Familien mit Zuwanderungsgeschichte bedeutsamer, da sich der Sozial- und Beziehungsraum stärker mit dem Nahraum des Wohnorts deckt.
In der Diskussion wurden vor allem die Bedeutung der Wohnungswirtschaft und in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit eines kritischen Dialogs hervorgehoben. Interdisziplinäres Arbeiten und auch die engere Zusammenarbeit in und zwischen den Kommunen waren weitere Ansatzpunkte, um den beschriebenen Strukturen entgegen zu arbeiten.

Blick in den Workshop.
Blick in den Workshop.

Insgesamt zeichnete sich in den Diskussionen ein deutlicher Bedarf an Handreichungen für die Umsetzung der Erkenntnisse im kommunalen Alltag ab. Vor allem die enger werdenden finanziellen Spielräume machen es notwendig, übergreifender an einem Strang zu ziehen. Interne kommunale Workshops für Verwaltung und Politik wurden für sinnvoll erachtet. Gerade für kleinere Kommunen erschienen Hilfestellungen und eine themenbezogene Aufarbeitung von Beispielen guter Praxis hilfreich.

Abschließend fasste Prof. Dr. Peter Strohmeier, geschäftsführender Direktor des Zentrums für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) und Wissenschaftlicher Direktor der Faktor Familie GmbH, die vorgestellten Ergebnisse zusammen und stellte sie in den übergreifenden Kontext eines kommunalen Managements für Familien.

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