Werkstattreihe
"Kommunale Familienberichterstattung – Ergebnisse zu Familien mit Zuwanderungsgeschichte im Vergleich" (Mülheim)
Eva-Marie Frings, ehemalige Ministerialrätin im nordrhein-westfälischen Familienministerium, verwies auf die Bedeutung der Familienberichterstattung für das kommunale Management: "Für uns als Landesregierung war immer wichtig, dass die Daten nicht Selbstzweck bleiben, sondern dass sie die Grundlage eines strategischen Managements sein müssen, das sich die Verbesserung von Lebensumfeld und Lebenssituation von Familien zum Ziel setzt", erklärte die für kommunale Familienpolitik zuständige Referatsleiterin. In den an der Datenauswertung beteiligten Kommunen sei dies hervorragend gelungen.
Eva-Marie Frings verwies darauf, dass die Landesregierung bereits vieles angestoßen habe, was nun bei den Familien vor Ort, in den Kommunen ankommen müsse. Beispielhaft nannte sie den Ausbau der U-3 Betreuung, die Sprachförderung, die Einrichtung von Familienzentren, die Ganztagsoffensive, das Gesundheitspräventionskonzept sowie die Sozialen Frühwarnsysteme. Viele dieser Angebote kämen zwar bei den meisten, aber längst nicht bei allen Familien an. Gerade bei Familien mit Zuwanderungshintergrund gebe es noch erheblichen Handlungsbedarf.
"Zuwanderung und Integration sind keine Randthemen, sondern sie berühren die Mitte unserer Gesellschaft und die Frage, wie wir künftig gedeihlich zusammenleben können", meinte die damalige Ministerialrätin. Auch im Bereich der Integrationspolitik habe das nordrhein-westfälische Familienministerium starke Akzente gesetzt, um die Kommunen zu unterstützen. Dazu gehörten u.a. das Programm KOMM-IN NRW - Innovation in der kommunalen Familienpolitik, das Kommunen dabei zur Seite steht, Integrationsprozesse zu optimieren, sowie das regelmäßige Integrationsmonitoring, das mit dem Integrationsbericht begonnen wurde und erstmals ein differenziertes Bild von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zeigt.

- Familien mit Zuwanderungsgeschichte gehören überdurchschnittlich häufig zur (größer werdenden) Gruppe sozial benachteiligter Familien. Sie haben überdurchschnittlich häufig einen niedrigen Bildungsstand, arbeiten oft in einer niedrigen beruflichen Stellung und haben meist ein niedriges Einkommen (trotz Arbeit).
- DIE Familie mit Zuwanderungsgeschichte gibt es nicht! Wenn über Familien mit Zuwanderungsgeschichte gesprochen wird, gilt es, das Herkunftsland und den Wohnort zu berücksichtigen!
- Das bloße Vorhandensein eines Zuwanderungshintergrundes hat keinen bzw. nicht den erwarteten Einfluss auf die Bildungsbeteiligung der Kinder. Sie fällt in Familien mit Zuwanderungsgeschichte eher besser aus als in anderen Familien.

- Die Wohnsituation von Familien mit Zuwanderungsgeschichte ist im Durchschnitt schlechter als die anderer Familien. Sie wohnen in engeren, vergleichsweise teureren Wohnungen und zahlen anteilig am Haushaltseinkommen deutlich höhere Mieten.
- Familien mit Zuwanderungsgeschichte sind am Wohnungsmarkt benachteiligt.
- Das Wohnumfeld wird trotz der vergleichsweise schlechteren Wohnsituation von Familien mit Zuwanderungsgeschichte besser bewertet als von Familien ohne Zuwanderungsgeschichte.
- Wohnumfeldkomponenten sind für den Lebensalltag von Familien mit Zuwanderungsgeschichte bedeutsamer, da sich der Sozial- und Beziehungsraum stärker mit dem Nahraum des Wohnorts deckt.

Insgesamt zeichnete sich in den Diskussionen ein deutlicher Bedarf an Handreichungen für die Umsetzung der Erkenntnisse im kommunalen Alltag ab. Vor allem die enger werdenden finanziellen Spielräume machen es notwendig, übergreifender an einem Strang zu ziehen. Interne kommunale Workshops für Verwaltung und Politik wurden für sinnvoll erachtet. Gerade für kleinere Kommunen erschienen Hilfestellungen und eine themenbezogene Aufarbeitung von Beispielen guter Praxis hilfreich.
Abschließend fasste Prof. Dr. Peter Strohmeier, geschäftsführender Direktor des Zentrums für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) und Wissenschaftlicher Direktor der Faktor Familie GmbH, die vorgestellten Ergebnisse zusammen und stellte sie in den übergreifenden Kontext eines kommunalen Managements für Familien.
Hintergrund zur kommunalen Familienberichterstattung
Im Rahmen des Projektes „Kommunales Management für Familien – Komma,FF“ hat das nordrhein-westfälische Familienministerium von 2001 bis 2006 in vier Modellkommunen die Erstellung von Familienberichten gefördert. Inzwischen bietet die Faktor Familie GmbH in Kooperation mit ZEFIR interessierten Kommunen die Erstellung von Familienberichten an. Die damals entwickelten Erhebungsinstrumente wurden in der Zwischenzeit in elf weiteren Kommunen eingesetzt. Hierdurch steht ein einmaliger Datensatz zur Verfügung, der für diesen Workshop erstmals zusammengestellt und übergreifend ausgewertet wurde. Aufgrund der hohen Anzahl befragter Familien bot sich vor allem die Chance, die Situation der Familien mit Zuwanderungsgeschichte vergleichend aufzubereiten.
- Kommunale Familienberichterstattung Das Ziel des Projektes „Kommunale Familienberichterstattung in Nordrhein-Westfalen“ ist es, das in der Modellphase (2001 bis 2005) gemeinsam von den Projektpartnern (Familienministerium Nordrhein-Westfalen, Modellkommunen, ZEFIR) entwickelte kommunale Berichtssystem zur Lage der Familie in Zusammenarbeit mit den bisher beteiligten Kommunen weiterzuführen und weiterzuentwickeln. mehr
- Familienberichterstattung Familienfreundlichkeit entscheidet sich vor Ort, in den Kommunen, in den Stadtteilen und im unmittelbaren Lebensumfeld der Familien. Die Kenntnis darüber, wie die Bürgerinnen und Bürger einer Kommune Familie vor Ort leben und erleben ist für die familienpolitischen Aktivitäten der Kommunen daher sehr wichtig. Vor diesem Hintergrund hat die Berichterstattung mit einer Konzentration auf Familie und einem lokalen Bezug in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. mehr
- Integration Nordrhein-Westfalen hat eine lange und lebendige Zuwanderungs- und Integrationsgeschichte. Etwa 4 Mio. Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte leben in unserem Land. Zuwanderung birgt Chancen und Risiken zugleich. Zuwanderung ohne Integration ist riskant für alle Beteiligten. Integration ist deshalb unverzichtbar. mehr
- Integration Die Seiten des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen bieten weiterführende Informationen zu Projekten und Veranstaltungen zum Thema Integration sowie zum Integrationsbeirat an. (Recherchedatum: 21.12.2010)
- Integration in Nordrhein-Westfalen Diese Seiten bieten alles Grundlegende zum Thema Integration in Nordrhein-Westfalen. Sie informieren über die Positionen und Konzepte des Landtages und der Landesregierung. Sie geben Informationen zu den maßgeblichen Gesetzen und Bestimmungen in Nordrhein-Westfalen. Das Angebot umfasst umfangreiches statistisches Material zum Thema Migration und Integration in Nordrhein-Westfalen und informiert darüber, welche Organisationen sich mit dem Thema Integration beschäftigen. (Recherchedatum: 14.10.2009)